Fachidiot 7. Kapitel Teil 5

„Ich... habe meine Gefühle die ganze Zeit so gut verbergen können, und ich weiß, es gibt wahrscheinlich nichts dümmeres als dich jetzt um etwas zu bitten, aber... kann ich diesen einen Tag noch bei dir bleiben?“
Ganz kurz begann ihre Unterlippe zu beben, aber sie schaffte es, das ihr Lächeln die Oberhand gewann.
„Wenn ich gehe... möchte ich das... mich noch viel mehr schöne Erinnerungen begleiten. Bitte.“
Philipp atmete schwer durch seine Nasenlöcher aus, er fand auch dass es das Dümmste war, um das sie jetzt hätte bitten können. Aber noch einen Tag mehr mit ihr zu verbringen, war das Schönste was er sich in diesem Moment vorstellen konnte. Die Gefühle waren da, schon eine ganze Weile, an ihnen würde sich sowieso nichts mehr ändern können.
Gerade wollte er ihre Hand zur Seite schieben, als sie wild den Kopf schüttelte. „Nichts sagen! Nicken oder Kopf schütteln!“
Er musste ein Lachen unterdrücken, und zuckte unschlüssig mit den Schultern. Lilly boxte ihn kaum merklich in die Magengrube, schließlich entschied er sich zu Nicken.
Erst jetzt ließ sie die Hand von seinem Mund sinken und schlang beide Arme um ihn. „Danke.“
Behutsam streichelte er über ihr Haar und schmunzelte. „Du bist echt bescheuert.“
„Ich weiß. Du auch.“
Stumm verharrten sie noch einen langen Augenblick an Ort und Stelle, alles was die Stille störte war das Rauschen des Windes in den Blättern des Walnussbaumes und ein leises Klackern das plötzlich auftrat.
Als Philipp den Kopf hob, sah er dass der Stab Morendras, noch an dem Stamm des Baumes lehnend, begonnen hatte zu zittern als würde der Boden unter ihm beben.
„Lilly! Der Stab!“
Verwundert drehte sich die Ellydre nach ihm um und fragte sich was das Zittern von Morendras zu bedeuten hatte. Plötzlich fingen die kleinen und großen Bernsteine die in den knorrigen Stab eingewachsen waren, abwechselnd an zu leuchten.
Ein paar Schritte eilte sie auf ihn zu, bis plötzlich der Boden unter ihnen einmal heftig bebte.
Die Luft, nur wenige Meter neben Morendras, begann zu flirren als wäre sie glühend heiß.
„Lilly, was hat das zu bedeuten?“ Verunsichert wich sie einige Schritte zurück und schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht! So etwas habe ich noch nie gesehen!“
Die flirrende Luft änderte ihre Farben und es schienen sich Formen aus undeutlichen Schatten zu bilden. Ein starker Wind rauschte über sie hinweg und brachte einen vertrauten Geruch mit sich. Es roch nach Wald, Moos und frischen Blumen, unverwechselbar, wie sie ihn nur aus ihrer Heimat her kannte, dem ewigen Hain.
Das Bild der merkwürdigen Konturen wurde immer deutlicher und bildete ein Oval. Feste Formen bildeten sich, die Philipps Kinnlade runter klappen ließen. Er starrte geradewegs in eine Art Portal in dem er die Frau aus Lillys Erinnerungen klar erkennen konnte. Ihre Mutter.
Und sie war nicht allein. Hinter ihr konnte er schwammig viele Personen ausmachen. Jede sah anders aus, aber keine glich dem menschlichen Äußeren so sehr wie Lilly es tat. Manche hatten eine grünliche Haut, andere hatten keine Haare, nur irgendwelche merkwürdigen Gewächse auf dem Kopf. Bei einer Frau, die eine riesige Rosenblüte auf ihrem Kopf trug, konnte Philipp Dornen überall an ihrem Körper erkennen.
Lilly schnappte nach Luft und ging zögerlich einen Schritt zurück. „Hüterin!“
Die Frau lächelte und neigte den Kopf zum Gruß. Ihr Haar aus feinem Gras wog sich raschelnd in der Brise. Zu ihren beiden Seiten traten sehr bekannte Gestalten heran. Eine zuckte nervös mit ihrem buschigen Fuchsschwanz, der andere verschränkte die Arme vor der Brust und zog ein verächtliches Gesicht. Xii und Ooku teilten nicht das sanfte Lächeln der Hüterin. Ganz im Gegenteil.
„Mein Kind, endlich habe ich dich gefunden. Oder viel besser, ihn gefunden.“, der Blick der Hüterin richtete sich auf Morendras, der prompt aufhörte zu zittern.
Lilly machte einen Satz nach vorn und schnappte sich den Stab, samt des Hexenbuches das sie zu seinen Füßen in das weiche Gras gelegt hatte. Rückwärts ging sie so schnell wie möglich, bis sie dicht an Philipps Seite, einige wenige Meter von dem Portal entfernt, stehen blieb.
Ooku bleckte die Zähne und warf einen Arm wütend in die Luft.
„Seht ihr, Hüterin? Ich habe euch doch gesagt wie starrsinnig sie ist, und das sie sich mit allen Mitteln wehren wird. Sie ist nicht einsichtig, was man auch sagt.“
Ruhig signalisierte das Oberhaupt der Ellydren ihm, wieder runter zu kommen und schenkte ihm einen kurzen, aber ausdrucksstarken Blick. Er verstummte sofort.
Langsam blickte die Hüterin wieder nach vorn zu ihrer Tochter, welche Morendras feste an sich klammerte und sie forschend betrachtete.
„Lillaraya, es hat mich viel Kraft gekostet diesen Weg zu öffnen, und ich weiß nicht, wie lange ich es noch kann. Daher bitte ich dich zu mir zu kommen.
Xii und Ooku haben mir alles erzählt. Wieso du den Stab genommen hast, und was seitdem geschehen ist.
Es ist an der Zeit, den Stab wieder an seinen Platz zu bringen, und deinem Volk zu erklären was du dir dabei gedacht hast.“
Autorität und Macht lagen in jeder ihrer Silben, das sanfte Lächeln war verschwunden und machte einem Ausdruck platz, der keine Widerrede duldete.
„Nein. Ich werde Morendras nicht wieder dahin bringen wo ich ihn geholt habe.“
Ein Raunen ging durch die Reihen der Ellydren, einige verfielen sogar kurzzeitig in eine Schnappatmung.
Lilly trat einen Schritt vor, nur Philipp konnte erkennen wie leicht ihre Hände zitterten.
„Ihr alle werdet wohl schon wissen wieso ich die Menschen aufsuchen wollte, und welche Bitte ich an euch habe. Mir ist auch bewusst das der Großteil von euch denkt ich wäre dem Wahnsinn anheim gefallen und das ihr die Sicherheit des ewigen Hains nicht verlassen wollt.
Ich kann euch versprechen, dass das für mich keine Rolle spielt.“
Irrte sich Philipp oder hatte er gerade die Mundwinkel der Hüterin zucken sehen?! Gerade so als müsste sie ein amüsiertes Schmunzeln zurück halten.
Hinter ihr wurde Getuschel laut, und viele konnten nur den Kopf schütteln aufgrund von Lillys Starrsinn.
„Heute habe ich einen Entschluss gefasst, und ich werde mit allen Mitteln dafür kämpfen das er wahr wird. Mit oder ohne eure Hilfe.“
Sie klemmte sich das Buch von Shorana unter den den Arm und umfasste Morendras mit beiden Händen. Die Hüterin stand starr und ohne Regung da, lauschte stumm den Worten.
„Dein Entschluss lautet?“
„Ich werde einen Ort schaffen wo jeder frei sein kann. Wo er das sein kann was er ist.
Einen Ort des Friedens. Wo niemand mehr fürchten muss gejagt zu werden, nur weil er ist was er ist.“
Eine der Ellydren trat aus den hinteren Reihen vor, es war jene, der kleine Dornen auf der Haut wuchsen.
„Was soll das bringen? Unser Hain ist ein friedlicher Ort für uns. Willst du etwa das wir den Bann brechen? Das wieder Menschen, oder noch viel schlimmeres in unser Heim eindringen?“
Die Ellydre deutete auf Ooku. „Wir wissen von der Hexe, und was sie mit Morendras tun wollte. Du hast ihr den Stab förmlich in die Hände gespielt, Närrin!
Glaubst du wirklich wir lassen zu das du aus deinen wahnwitzigen Entschlüssen heraus bestimmst was aus uns wird? Das wir uns auch abschlachten lassen?“
Philipp trat an Lilly Seite und schob langsam seine Hände in die Hosentaschen.
„Achte mal ein bisschen auf deine Wortwahl. Lilly hat viel für euch alle riskiert. Sie sagt, dass, seit ihr in eurem Exil lebt, keine Kinder mehr geboren wurden.
Also heißt das doch, ihr werdet irgendwann sowieso sterben und verschwinden.“
„Was fällt dir ein!? Du unverschämter Mensch!“
„Mir fällt sogar sehr viel ein.
Lilly hat mir gezeigt was in der Nacht damals geschah, deshalb weiß ich ganz gut wie euch zumute ist.
Natürlich geht ihr ein Risiko ein, wenn ihr euch der Welt wieder öffnet, und wahrscheinlich könnt ihr neunzig Prozent der Menschen kein Stück trauen.“
Lilly warf ihm über die Schulter einen entrüsteten Blick zu, doch er sah weiter in das hasserfüllte Gesicht der anderen Ellydre.
„Als sie mir sagte, sie hat die Hoffnung auf vollkommenen Frieden in eurer Welt, fand ich dass es das Dümmste war, was ich je gehört habe.
Es gibt Menschen, die werden ewig an ihrer Meinung festhalten, Menschen die sich niemals ändern werden. Aber ihr doch auch nicht, wenn ich euch so reden höre, oder?“
Sein Blick streifte die Gesichter von Xii und Ooku.
„Genau deshalb bewundere ich Lilly.
Das es ihr egal ist was ihr denkt, das sie ihren Weg gehen will, selbst wenn sie sich ganz allein gegen euch alle stellen muss.“
Lilly strahlte ihn über das ganze Gesicht an, am liebsten hätte sie ihm für das ein oder andere Wort gegen das Schienbein getreten, aber dass er für sie einstand bedeutete ihr mehr als er sich wahrscheinlich vorstellen konnte.
Die Ellydre trat ein paar Schritte vor, ihre Augen brannten vor Zorn, der augenblicklich erlosch, als sie gegen den ausgestreckten Arm der Hüterin lief.
Auf ihren Zügen machte sich ein breites und durchaus zufriedenes Lächeln breit.
„Dein Vater wäre stolz auf dich Lillaraya. Du kommst ganz nach ihm.“
Totenstille folgte ihren Worten, viele ungläubige Gesichter starrten die Hüterin an, darunter auch Ooku, dessen gesamte Züge entglitten waren.
Xii war die einzige deren Augen auf Lilly ruhen blieben, vollkommen ausdruckslos.
Die Hüterin sprach weiter als sie sich der ungeteilten Aufmerksamkeit aller sicher sein konnte. „Wenn es das ist was du wirklich willst, dann werde ich dir keine Steine in deinen Weg legen. Du kannst Morendras verwahren und dich von ihm leiten lassen. Ich will sehen was hinter deinen Worten steckt.“, ihr Gesicht wurde Ernst. „Solltest du scheitern, werde ich Morendras wieder an mich nehmen, den Bann um unseren Hain wieder errichten, und niemals wieder aufheben. Egal was kommt. Also liegt es nun bei dir.“
Niemand traute sich auch nur ein Wort zu sagen, aber Philipp konnte das blanke Entsetzen in den Gesichtern vieler Ellydren sehen.
Lilly glaubte kaum was sie da hörte, ihr Herz machte einen Sprung vor Glück, sie verbeugte sich vor ihrer Mutter und schloss die Augen. „Danke Hüterin.“
Die Hüterin blickte nun zu Philipp, ein wenig mulmig wurde ihm schon wenn er in ihre klaren Augen aus Bernstein sah.
„Was dich betrifft Mensch, hat mir Xii erzählt das du auf meine Tochter acht gegeben hast, und sogar dein Leben für sie riskiert hast. In eurer, und in unserer Welt. Dafür spreche ich dir meinen tiefsten Dank aus.“
Philipp zog beide Brauen in die Höhe und starrte ungläubig zu der Janama hinüber. Diese verzog ihren Mund zu einem überheblichen Lächeln und stemmte beide Hände in ihre Hüften.
„Bilde dir darauf bloß nichts ein, leiden kann ich dich dennoch nicht.“
„Das beruhigt mich.“
Philipp musste schmunzeln und sah wieder zu der Hüterin als sie die Hand ausstreckte.
Ein seichtes, grünliches Glimmen bildete sich in ihrer Handinnenfläche. Sie führte die Hand an ihre Lippen und pustete sachte das kleine Licht fort, welches sich langsam und träge durch das Portal bewegte. Als es die unsichtbare Barriere hinter sich gelassen hatte, flog es zügig auf Philipp zu.
Ooku riss seinen Kopf herum und zischte der Hüterin zu. „Das kann nicht dein Ernst sein! Ihr gebt diesem Menschen...“, sie hob eine Hand und brachte ihren Sohn sogleich zum schweigen.
„Stellst du mein Urteilsvermögen in Frage Ooku?“
„Nein... Natürlich nicht...“
„Gut.“
Das Glimmen hielt direkt vor Philipps Brust an, er hob zögerlich die Hand, und das Licht senkte sich auf seine Handinnenfläche nieder. Langsam erlosch das Leuchten und enthüllte ein kleines Samenkorn.
Lilly riss überrascht die Augen auf und sprach mit ehrfürchtigem Ton zu ihm, ohne den Samen aus den Augen zu lassen.
„Das ist ein Samenkorn von Morendras! Wir haben nur wenige von ihnen in unserem Besitz. Philipp... noch nie hat jemand solch ein Samenkorn von der Hüterin bekommen.“
Philipp blinzelte erst seine Freundin an, dann die Hüterin. Sie erkannte die Frage in seinem Blick und sprach. „Wenn du ihn in fruchtbare Erde bettest, ihn hegst und pflegst, wird ein Baum daraus wachsen. Die Früchte die er tragen wird, können jede Krankheit, jedes Leid heilen.
Das ist mein Geschenk an dich. Doch wenn du dich nicht um ihn kümmerst, wird der Baum vergehen. Er kann keine weiteren Samen tragen, also vergiss meine Worte besser nicht.
Außerdem wird er bei niemandem Wirkung haben, der nicht von deinem Blut ist. Es ist ein Geschenk an dich, nicht an die gesamte Menschheit.“
Philipp stockte der Atem, dieses Geschenk war das kostbarste was man auf dieser Welt besitzen konnte, dessen war er sich bewusst.
„Ich weiß nicht was ich sagen soll. Danke, kann nicht einmal ansatzweise ausdrücken was ich fühle.“ Die Hüterin nickte und schenkte ihm wieder ein Lächeln.
„Manchmal bedarf es keiner großen Worte. Du hast auf etwas Acht gegeben was mir mehr bedeutet als mein Leben. Ich kann sehr gut verstehen was du mir sagen möchtest.“ Langsam sah sie weiter zu ihrer Tochter und nickte ihr zu.
„Es ist Zeit Lillaraya. Lange kann ich die Verbindung zu Morendras nicht mehr aufrecht halten. Komm.“
Lilly umfasste mit beiden Händen fest den Stab. Seine Bernsteine leuchteten noch immer, aber deutlich schwächer. Eine warme Hand legte sich auf ihren Oberarm. Sie hob den Blick zu Philipps Gesicht.
„Darüber hatten wir ja schon gesprochen. Dann sieh zu das dir die Tür nach Hause nicht vor der Nase zugeschlagen wird.“
In Lillys Augenwinkeln bildeten sich Tränen und rollten stumm an ihren Wangen hinab, sie schluckte einige Male bevor sie ihre Stimme wieder fand.
„Ich weiß nicht, was Zufall war, oder was Morendras dazu bewegt hat mich an diesen Ort zu entsenden, aber ich bin froh, das ich dich kennenlernen durfte Philipp.
Auch wenn ich finde das die Zeit viel zu kurz war, bin ich für jede Minute dankbar die ich mit dir verbracht habe.
Versprichst du mir... das du... mich nicht vergisst?“ Sie blinzelte eilig ein paar Tränen fort, die es wagten ihren Blick zu verschleiern. Die es wagten den Blick auf sein Lächeln zu trüben.
„Wie könnte ich denn so etwas durchgeknalltes wie dich jemals vergessen. Eigentlich ist es das, was mir Sorgen bereitet.“
Lilly biss sich auf die Unterlippe um ein Schluchzen zu unterdrücken, sie legte Morendras und das Buch vorsichtig auf dem Boden ab. Schwungvoll fiel sie ihm um den Hals und vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter. So fest sie konnte klammerte sie sich an ihn, atmete seinen Duft ein, aus Angst dass das Erinnern an ihn irgendwann verblassen könnte.
Ihr schien, das es ihm nicht anders gehen musste, so fest wie er sie an sich drückte. Sie spürte die Berührung seiner Lippen an ihrem Ohr, jedes seiner Worte das er ihr zuflüsterte, brannte sich unwiderruflich in ihre Gedanken ein.
Keuchend stieß sie einen tiefen Atemzug aus und hauchte leise zurück. „Ich dich auch.“
Hätte er sie nicht behutsam von sich gedrückt, hätte sie den Schritt wohl niemals allein getan. Sie sah zu ihm auf und wehrte sich nicht dagegen als er ihre letzten Tränen mit den Daumen fort wischte. Hinter ihr drängte ihre Leibwache. „Lilly! Beeilt Euch! Das Portal!“
Mit pochendem Herzen stellte Lilly sich auf die Zehenspitzen und küsste Philipp ein letztes Mal.
Rasch hob sie Morendras und das Buch auf, und ging einige Schritte rückwärts.
Philipp schob beide Hände in seine Hosentaschen, sie sollte nicht merken wie sehr sie zitterten.
„Mach deine Sache gut, du Früchtchen, sonst suche ich einen Weg zu dir, nur um dir den Hintern zu versohlen. Versprochen.“
Lillys Lachen erstickte in einem Schluchzen, sie ging rückwärts so schnell sie konnte und schüttelte den Kopf. „Bring mich nicht in Versuchung!“
Sie wirbelte herum und rannte auf das kleiner werdende Portal zu. Mit einem beherzten Sprung schaffte sie es hindurch und wurde von den Armen ihrer Leibwache aufgefangen.
Xiis Gesicht begann zu flimmern als sie den Blick auf Philipp richtete.
„Wenn es dich beruhigt. Sie wird nicht allein sein. Ich bin zwar nicht begeistert, aber ich werde sie immer unterstützen. Nicht weil ich muss, sondern weil ich will.“
Ooku seufzte erleichtert und verschränkte wieder die Arme vor der Brust. Genervt verdrehte er die Augen. „Kleine Schwester, du machst echt immer nur Ärger. Da habe ich sowieso keine andere Wahl als auf dich aufzupassen.“
Lilly lächelte den beiden dankbar zu, sie wusste das vor ihr ein steiniger Weg lag. Hinter ihr flüsterten alle Ellydren durcheinander und taten ihre Befürchtungen und ihre Zweifel Kund.
Aber sie trug die Zuversicht in ihrem Herzen diese Herausforderung meistern zu können. Sie war nicht allein, da waren ein paar in ihrer Welt die an sie glaubten, und einer, Unzählige Galaxien entfernt, der ebenfalls an sie glauben würde. Mehr brauchte sie nicht.
Lillys lächelndes Gesicht, und ihr Arm, mit dem sie ihm so wild zuwinkte, das er befürchtete er würde ihr gleich abfallen, war das letzte was Philipp sah, als das Portal verschwand.
Kurz flimmerte die Luft noch an der Stelle wo es aufgetaucht war, dann blieb nichts mehr, nur eine endlos scheinende Leere.
Sie war so schnell aus seinem Leben verschwunden, wie sie hinein gepurzelt war. Anfangs hatte er sich nichts mehr gewünscht, als das sie wieder abhauen sollte, nun wollte er nichts mehr, als das sie wieder zurück kam.
Er schloss die Augen und atmete einige Male tief durch. Ein Lächeln fand den Weg auf seine Züge.
Auch wenn er sich fühlte als hätte sie einen Teil von ihm mit sich genommen, wusste er das sie noch viel mehr zurück gelassen hatte.
Er wusste wieder wie wertvoll jede einzige Minute seines Lebens war, und das es zu kurz war, um es weiter mit Videospielen zu vergeuden. Sie hatte ihm wieder gezeigt wie schön es sein konnte die Welt zu erkunden und neues kennen zu lernen.
Als er die Hand in seiner Tasche zur Faust ballte, spürte er das Samenkorn darin, er würde etwas aus seinem Leben machen, ein Versprechen das er sich selbst gab.
Lilly würde auch nicht aufgeben, genauso wenig wie er.
Wenn er doch nur diesen einen Tag noch mit ihr hätte genießen dürfen...
Philipps Kehle brannte, fester presste er die Augen zusammen und dann hörte er das Knirschen von Kies. Ein leises Tuckern, gefolgt von dem Geräusch wenn der Motor abgestellt wurde.
Er riss die Augen auf und drehte sich langsam herum.
Das Auto seiner Eltern parkte gerade in der Einfahrt, als seine Schwester unter ihrem üblichen Gezeter ausstieg. Seine Mutter verdrehte die Augen und schlug die Autotür zu, dann erblickte sie ihren Sohn, der wie angewurzelt mitten im Garten stand. „Phili? Was machst du denn da?“
Sein Vater drückte den Knopf der Zentralverrieglung und das Auto schloss sich unter einem Klacken. Er winkte seinen Sohn heran und grinste. Eine Tüte mit Brötchen klemmte er sich unter den Arm.
„Hey! Ich kann ein wenig männliche Unterstützung gebrauchen. Die Mädels machen mich noch fertig. Jetzt soll ich plötzlich Schuld sein das wir die ganze Nacht im Krankenhaus verbringen mussten, ich hätte mich mehr einsetzen müssen. Sagen zumindest die Weiber“
Seine Schwester Louisa und seine Mutter zeterten im Chor. „Diese Betten sind ein Alptraum! Mir tut der ganze Rücken weh.“
Philipp schmunzelte und zuckte mit den Schultern.
„Ich vermisse jetzt schon die Ruhe im Haus, ohne euch.“
Das Lachen seines Vaters hallte in der Einfahrt wieder als die beiden Damen wieder das Schimpfen eröffneten.
Die drei gingen langsam ins Haus, auch Philipp setzte sich nach kurzem Zögern in Bewegung. Sein Herz würde noch eine Weile wie Blei in seiner Brust liegen, aber er teilte Lillys Worte. Er war froh um jede Erinnerung die er an sie behalten würde. Und diese waren es, die ihm am meisten bedeuteten. Außerdem blieb ihm noch etwas, das Gefühl einer tiefen, tröstenden Verbindung in seinem Herzen. Das musste es sein, wovon sie gesprochen hatte, bevor er in ihre Seele getaucht war.
Im Vorbeigehen fiel sein Blick auf das Schwert, das noch immer im Blumenbeet seiner Mutter steckte. Dafür würde er noch ein schönes Plätzchen finden, und ganz nebenbei vielleicht noch eine gute Ausrede was in ihrem geliebten Beet gewütet hatte.

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