Die
sonst so feinen Ranken waren viel dicker geworden und bildeten einen
dichten Strang mit der sie den Faulvarul in ihrer Gewalt hielt. Mit
ihrer Freien Hand stabilisierte sie ihren überwucherten Arm und
schleuderte ihn zur Seite.
Der
Faulvarul schrie wütend auf als seine Füße den Boden verloren,
erst als sich unter ihm nur noch das tosende Wasser befand lösten
sich die Schlingen um sein Gesicht und er fiel hinab.
Sein
Schrei erstickte als man das Brechen seiner Knochen an einem der
spitzen Steine hören konnte.
„Philipp!
Ist alles in Ordnung?“ Lillys Brust hob und senkte sich unter
tiefen Atemzügen als sie ihn besorgt betrachtete.
Von
einer Frau gerettet... Der junge Mann ließ die Schwertspitze sinken
als er erkannte das keine Faulvaruls mehr übrig waren. Seine
Begleiter hatten sie alle unschädlich gemacht, ohne das er seinen
Beitrag hatte leisten können. Er kam sich so nutzlos vor. Sonst war
doch er immer der große Held in den unzähligen Videospielen
gewesen. Er war es, der unter seinen Freunden immer auf Platz Eins
war, ungeschlagen.
Doch
in der Realität zeigte sich wohl das all die Zeit die er vor dem
Computer verbracht hatte nutzlos gewesen war.
„Philipp?!“
„Ja,
schon gut. Mit mir ist alles in Ordnung.“
Xii
und Ooku lauerten noch immer in Angriffsposition, sie trauten der
Stille um sich herum nicht. Ooku ging an den Rand der Brücke, der
widerwärtige Gestank war verschwunden. Dennoch wollte er nichts dem
Zufall überlassen und hangelte sich an dem Geländer hinunter.
„Hier
ist niemand mehr, wir haben sie wirklich alle besiegt!“
Xii
ging ein paar Schritte die Brücke entlang und starrte in den
schmalen Streifen des Himmels hinauf, der durch die engen Felswände
zu sehen war. Wie angespannt sie wirklich war, konnte man daran
erkennen wie ihr flauschiger Schwanz immer hin und her zuckte.
„Das
war zu einfach. Die Falle zu plump. Ich kann mir nicht helfen aber
ich traue dem ganzen irgendwie nicht.“
Als
hätte jemand nur auf ihre skeptischen Worte gewartet, erfüllte ein
dunkles Gelächter die Klamm, dazu wurde es von spöttischem Applaus
begleitet. Alle Köpfe reckten sich in die Höhe, eine Frau trat
dicht an den Rand der Klippe und blickte auf die Truppe hinab. Noch
immer lachte sie höhnisch.
„Shorana!“
„Einem
schönen Schauspiel durfte ich da beiwohnen. Wirklich unterhaltsam.
Schade nur das ich dafür ein paar meiner kleinen süßen Babys
opfern musste. Nun gut, so sei es. Jeder Zeit kann ich neue kleine
Schätzchen zu mir rufen.“
In
Shoranas rechter Hand verweilte der Stab Morendras, spielerisch
drehte sie ihn in ihrer Handfläche immer wieder im Kreis. Ookus
Augen verengten sich vor Zorn, das Heiligste seines Volkes in ihren
Fingern zu sehen machte ihn rasend. Noch viel schlimmer war der
Gedanke daran das sie ihn für ihre dunklen Machenschaften ausnutzen
wollte.
„Du
verdammte Hexe! Wer gibt dir das Recht das älteste Relikt unseres
Volkes zu stehlen? Gib ihn uns sofort zurück. Du kannst seine Macht
sowieso nicht heraufbeschwören.“
„Um
eines direkt klar zu stellen kleines Waldwesen, ich bin keine Hexe,
sondern eine Hexenmeisterin. Zudem muss ich dich weiter belehren das
ich sehr wohl etwas mit eurem kleinen Stöckchen hier anfangen
kann.“
Ihre Lippen verzogen sich zu einem grausamen Grinsen.
Ihre Lippen verzogen sich zu einem grausamen Grinsen.
„Alles
was ich dafür brauche ist die Seele einer Ellydren. Je mehr, desto
besser. Eigentlich sollte ich mich wohl bei dir bedanken das du
freiwillig zu mir gekommen bist, das erspart mir die Mühe noch mehr
von euch aus dem ewigen Hain zu locken.
Euch
brauche ich auch nur im ersten Moment lebend, bis Morendras hier eure
Seele absorbiert hat. Dann seid ihr nichts mehr als eine Hülle und
euer Körper stirbt. Hat mir mein Freund hier verraten.“
Sie
klopfte auf einen Lederbeutel den sie sich über die Schulter
gehangen hatte. Was sich dort drin befinden könnte war aufgrund der
Entfernung nicht auszumachen.
Lilly
wich ein paar Schritte zurück, ihr Gesicht wurde weiß wie frischer
Schnee. Für das Volk der Ellydren gab es unter natürlichen
Umständen keinen endgültigen Tod, wenn die eigene Lebenszeit zu
ende war, übergab man seinen Leib dem Symbionten, man starb nicht,
sondern wechselte in eine andere Art des Daseins. Wenn dann
irgendwann auch die Kraft des Symbionten verbraucht war und die
Pflanze oder der Baum zu Grunde ging, entstand aus dessen Samen
wieder neues Leben. Es war ein ewiger Kreislauf der niemals endete.
Wenn aber ein Ellydre gewaltsam ums Leben kam, oder man ihn seiner
Seele beraubte, war er für immer verloren. Man verschwand einfach,
ohne Möglichkeit der Rückkehr.
Das
war die schlimmste Vorstellung für einen Ellydren, das man von
dieser Welt ging, allein, ohne den Zauber des neuen Lebens schenken
zu können.
Lilly
ballte ihre kleinen Hände zu Fäusten und trat wieder einen Schritt
nach vorn.
„Shorana
hör doch auf mit diesem Wahnsinn! Du willst die Sümpfe der
Verbannten über das ganze Land ausbreiten? Willst du das wirklich?
An diesem dunklen Ort können die Menschen nicht überleben.
Irgendwann wärst du ganz allein.
Niemand mit dem du Reden könntest würde noch existieren.
Niemand mit dem du Reden könntest würde noch existieren.
Alles
Leben, was sich den Sümpfen nicht anpassen kann, stirbt. Das gesamte
Gleichgewicht der Welt würde auseinander brechen.“
Die
Antwort auf ihre kleine Predigt bestand lediglich aus einem
höhnischen Gelächter. Shorana hob einen Arm und warf einen Blick
über ihre Schulter. „Flammenwächter! Holt sie euch!“
In
dem Augenblick als sich ihr Arm nieder senkte, prasselten kleine
Geröllbrocken hinab in die Tiefe. Ein lautes Donnern übertönte das
Rauschen des Flusses und der Himmel verdunkelte sich.
Ein
riesiger Fels stürzte hinab in die Tiefe und prallte abwechselnd
rechts und links an den rutschigen Steilwänden ab.
Xii
stürzte nach vorn, sie musste Lilly beschützen! Eine Hand packte in
letzter Sekunde ihren Oberarm und riss Xii grob nach hinten.
„Ooku!
Lasst mich los verdammt!“ Doch der Ellydren dachte nicht daran und
zerrte sie ein gutes Stück zurück. Es ertönte ein gewaltiger Knall
als der Felsbrocken auf die Brücke stürzte und die massiven Bretter
ohne Mühe zerschlug.
Holzsplitter
stoben in alle Richtungen und regneten einen Augenblick später auf
alle Anwesenden nieder. Eine Wasserfontäne schoss in die Höhe, wo
vor wenigen Sekunden noch die Brücke als Übergang durch die schmale
Klamm gedient hatte.
Xii
ließ den Arm langsam sinken den sie als Schutz über ihre Augen
gelegt hatte. Sie blinzelte einige Male, ihr Herz schlug wie verrückt
als sie versuchte etwas durch den feinen Sprühnebel zu erkennen. Das
entstandene Loch war enorm und ihr wurde bewusst das Ooku ihr
wahrscheinlich gerade das Leben gerettet hatte, diese Distanz hätte
sie nicht überwinden können. Zum Glück waren die Stützstreben des
Brückenteiles unbeschädigt geblieben auf dem sie standen, sonst
wären sie mit in die Tiefe gerissen worden. Dennoch verfluchte sie
ihn, ihre Aufgabe war Lilly zu beschützen, und dabei war sie
gescheitert.
Der
feine Wasserdunst legte sich und etwas regte sich auf der anderen
Seite. Xii stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus als sie
sah das Lilly und Philipp sich hinter der Brücke auf festem Boden,
in Sicherheit hatten bringen können.
Die
Ellydre erhob sich mit wackeligen Knien, neben ihr kam auch langsam
der Mensch auf die Beine.
Zeit
zum durchatmen blieb ihnen keine, schon verdeckten weitere Schatten
den Himmel. Unter Shoranas Gelächter stürzten sich Wesen von den
Steilhängen in die Tiefe die Lilly noch nie gesehen hatte.
Ihre
Körper waren von langer, schmaler Gestalt, ähnlich der einer
Schlange, nur das sie auf jeder Seite drei Beine besaßen. Den
Sprung, den sie in die Tiefe vollführten, bremsten sie in letzter
Sekunde ab, indem sie ihre vorderen Beine zur Seite streckten und
lederne Segel zum Vorschein kamen. Philipp hatte den absurden
Gedanken das sie wie chinesische Drachen aussahen deren Vorfahren ein
Verhältnis mit Flughörnchen gehabt haben mussten. Als zwei dieser
Kreaturen vor ihnen landeten und ihn aus ihren grünen Reptilienaugen
anstarrten, fand er das ganz nicht mehr so amüsant.
Erst
jetzt, wo er sie aus der Nähe sah, fiel ihm auf das die leuchtend
rote Musterung ihrer Haut, keine Musterung war. Venen pulsierten
unter der bräunlichen Haut und schienen kein Blut zu transportieren,
sondern kochend heiße Lava. Zäh floss die rote Flüssigkeit
deutlich sichtbar durch ihren langen Körper der mit Sicherheit gute
Sechs Meter maß.
Obwohl
sie noch sehr weit von ihnen fort standen, konnte er die Hitze spüren
die von ihnen ausging.
Er
bemerkte das auch auf der anderen Seite bei Xii und Ooku ebenfalls
Kreaturen landeten. Ganze Sechs an der Zahl.
Lilly
umschloss mit ihren Fingern noch fester den Kiefernzapfen in ihrer
Hand, sie hob den Kopf zu Shorana die noch immer am oberen Rand des
Felshanges stand und amüsiert zu ihnen hinab blickte.
„Shorana!
Lass bitte meine Freunde gehen. Du kannst meine Seele haben. Aber
dafür musst du mir versprechen die anderen gehen zu lassen.“ Die
Ellydre erntete viele ungläubige Blicke, Shorana aber konnte nur
müde lächeln.
Die
Hexenmeisterin sprang in die Tiefe und sprach einen raschen Zauber.
Ihr Körper schien transparent und dunkel zu werden, ganz als ob sie
zu einem Schatten ihrer selbst wurde.
Direkt
hinter den beiden Kreaturen kam sie auf dem Boden auf. Indem sie tief
in die Knie ging, federte sie den Sprung ab. Kleine Splitter und
Staub wurden aufgewirbelt, die Erschütterung war immens, und doch
schien Shorana sich nicht verletzt zu haben.
Mit
einem breiten Grinsen auf den Zügen erhob sie sich in einer
geschmeidigen Bewegung. Ihre Gestalt wurde wieder fester und kehrte
in ihre Ursprüngliche Form zurück.
„Naives
kleines Wesen. Hast du in deinen hübschen Wäldern etwa zu viel der
falschen Pilze gegessen? Dein dummer Vorschlag macht doch keinen
Sinn.“
Die Hexenmeisterin leckte sich mit ihrer schwarzen Zunge über die Lippen, die kleinen Goldketten die an einem feinen Ring in ihrer Unterlippe befestigt waren, klimperten bei der Bewegung.
Die Hexenmeisterin leckte sich mit ihrer schwarzen Zunge über die Lippen, die kleinen Goldketten die an einem feinen Ring in ihrer Unterlippe befestigt waren, klimperten bei der Bewegung.
Philipp
jagte ihr Blick einen kalten Schauer über den Rücken, sehr genau
konnte er sich noch an die eisige Berührung der letzten Nacht
erinnern.
„Ich
werde alle die ich nicht benötige töten, und mir dann von dir und
deinem Bruder einfach holen was ich brauche. Verhandlungen habe ich
nicht nötig.“
Lilly schloss ihre Augen, ihr war selbst bewusst gewesen wie dumm ihr Versuch gewesen war, und das Shorana niemals auf ihren Vorschlag eingehen würde, aber es hatte ihr genug Zeit eingebracht ihre Magie zu bündeln.
Lilly schloss ihre Augen, ihr war selbst bewusst gewesen wie dumm ihr Versuch gewesen war, und das Shorana niemals auf ihren Vorschlag eingehen würde, aber es hatte ihr genug Zeit eingebracht ihre Magie zu bündeln.
Ihre
Knie gaben nach und die ging vor der Hexenmeisterin auf die Knie.
Beide Hände legte sie auf den Boden, wölbte sie über den Zapfen in
ihrer Hand und legte die Stirn darauf ab.
„Shorana.
Bitte. Ich flehe euch an... tut das dieser Welt nicht an. Denkt doch
einmal an die vielen unschuldigen Seelen die durch euch den Tod
finden würden.“
Philipp machte es wütend sie in solch unterwürfiger Pose zu sehen, was dachte sie sich bloß dabei? Shoranas Stimme schnarrte dunkel als würde sie den Anblick der verzweifelten Ellydre genießen.
Philipp machte es wütend sie in solch unterwürfiger Pose zu sehen, was dachte sie sich bloß dabei? Shoranas Stimme schnarrte dunkel als würde sie den Anblick der verzweifelten Ellydre genießen.
„Oh,
daran denke ich fast ununterbrochen. Du kannst dir gar nicht
vorstellen wie sehr ich es genießen werde in ihrem Blut zu baden!
Ihre Schreie werden Musik in meinen Ohren sein. Mit solchen Worten
erreichst du gar nichts.“
Shorana
hielt inne, sie bemerkte das Lilly ganz leise flüsterte und
plötzlich begann etwas unter ihren Händen zu glimmen.
Sie
bleckte ihre Zähne und durchschaute die Farce viel zu spät, mit dem
Stab Morendras deutete sie auf die am Boden kniende Ellydre und
brüllte den Kreaturen zu, sie sollten sie in Stücke reißen, aber
noch genug an ihr dran lassen das sie überlebte.
Fest
packte Philipp den Griff seines Schwertes mit beiden Händen als ihre
Gegner zum Angriff über gingen, noch einmal würde er nicht
versagen. Auch wenn er keine Ahnung hatte von dem was Lilly da tat,
er wollte ihr genug Zeit verschaffen es zu Ende zu bringen.
Die
zwei schlangenähnlichen Wesen bewegten sich auf ihren kurzen Beinen
rasch vorwärts und hatten die Ellydre fest als Ziel anvisiert. Mit
einem langen Ausfallschritt nach vorn ließ Philipp das Schwert
nieder gehen, die eine Kreatur bemerkte ihn noch gerade rechtzeitig
und brachte sich mit einem Sprung zur Seite in Sicherheit, dabei
rempelte es gegen die zweite Kreatur.
Sie
öffneten ihre Mäuler und stießen ein drohendes Fauchen aus, ihre
Köpfe zogen sie weit ein und ihre Kehlen blähten sich wie bei einem
Frosch binnen Sekunden auf. Eine rote Flüssigkeit stieg in der Blase
an und begann zu leuchten. Philipp konnte die Hitze spüren die ihm
entgegen schlug.
Noch
bevor sie ihren Angriff zu Ende führen konnten, begann der Boden
unter ihren Füßen zu beben, das schwache Leuchten unter Lillys
Händen entlud sich in einem grünen Lichtstrom der in die Höhe
schoss und sich immer weiter ausbreitete bis er die Ellydre komplett
eingehüllt hatte. Sie sprang auf und trat einige Schritte zurück.
Aus
dem Zapfen den sie mit sich getragen hatte brachen von allen Seiten
Äste hervor die sich windend und drehend immer schneller verformten.
Die
beiden Wesen der Unterwelt wirbelten mit ihren Köpfen zu dem
Lichtstrahl herum und blähten die mit Magma gefüllte Blase noch
weiter auf.
„Na
los! Macht schon ihr dämlichen Biester!“ Shorana wurde zum ersten
Mal wirklich wütend, der Zorn entstellte ihr Gesicht zu einer
hässlichen Fratze. Ihre Diener zögerten nicht länger und warfen
ihre eingezogenen Köpfe nach vorn. Aus ihrem Maul schoss ein kochend
heißer Ball aus Lava der mit tausend Funken an der grünen
Lichtsäule zerbarst.
Shorana
konnte nicht glauben was sie sah, die Bälle verpufften wie nichts
und aus dem Zapfen wuchs ein riesiger Baum empor. Die Magie der
Ellydren war ihr gänzlich unbekannt, dennoch wollte sie kein Risiko
eingehen. Sie hob ihre Hand und streckte sie in Richtung des neu
gewachsenen Baumes aus. Ein violettes Feuer bildete sich um ihre
Finger und züngelte um ihre Hand, doch auch Lilly war nicht bereit
ihren Gegner noch einmal zu unterschätzen.
Mit
beiden Händen entfachte sie einen mächtigen Windstoß der Shorana
und ihre beiden Kreaturen nach hinten taumeln ließ. Keine Sekunde zu
früh vollzog sich ihr Zauber und der Baum begann zu schwanken.
Philipp
hätte fast sein Schwert fallen lassen als er sah das aus dem dicken
Stamm zu beiden Seiten Arme und Beine heraus brachen. Ein dunkles
Stöhnen war zu hören und etliche Blätter fielen auf das feuchte
Holz der Brücke nieder.
Die
Rinde platzte an einer Stelle auf und enthüllte ein Gesicht.
„Lilly!
Was ist das? Ein Treant?“
Mit
einem Lächeln der Zuversicht auf den Lippen schüttelte sie den Kopf
und betrachtete das schwindende grüne Licht um den Baumriesen.
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