Fachidiot 5. Kapitel Teil 5

Ich liebe meine Schwester, und du hast das Glück das ihr etwas an dir zu liegen scheint, sonst hätte ich dir schon längst dein dummes Maul gestopft.
Ihre Augen haben gesehen was meine sahen, auch wenn sie ihre Erinnerungen hinter einer Fassade aus Heiterkeit versteckt, weiß ich das auch sie diese Nacht nie vergessen wird. Die Nacht in der ihr den Tod über uns gebracht habt.
Aber wenn es dich so sehr interessiert was geschehen ist, frag Lilly. Frag sie ob sie dir ihre Seele öffnet, dann wirst du es sehen. Besser noch, am eigenen Leib erfahren.“
Ohne eine Reaktion von Philipp abzuwarten hob Ooku seine Hand, kleine grüne Pollen schwirrten um seine Finger herum.
Rasch, wie von einem Windzug getragen, drangen sie in die Nasenlöcher seines Gegenübers ein.
Philipp taumelte zurück, versuchte mit der Hand wedelnd die Pollen daran zu hindern, doch es war zu spät. Mit einem Schlag fühlte er sich unendlich schläfrig und ging unsanft auf die Knie.
Ooku blickte von oben auf ihn hinab, sein Kopf legte sich etwas schief, dann wandte er sich ab.
Genug geplaudert. Gib nun Ruhe und schlafe.“
Philipp wusste gar nicht wie ihm geschah, er spürte seinen Körper nicht mehr, und der Schlaf hatte ihn schneller in die Dunkelheit gezogen bevor er Lillys Bruder für sein Handeln verfluchen konnte.

Ihm kam es vor als hätte er noch keine Stunde geschlummert, da öffneten sich Philipps Augen erneut.
Träge stützte er sich auf seinen Ellenbogen ab und ließ den Blick schweifen. Mit diesem Mistkerl hatte er noch ein Hühnchen zu rupfen.
Rasch hatte er ihn gefunden, schlafend, direkt neben Xii und Lilly. Auch Uri schlief tief und fest in der Nähe.
Hält denn niemand Wache?“
Als Philipp sich aufrappelte warf er einen Blick in den Himmel. Sterne waren keine zu sehen, auch der Mond schien sich hinter den Wolken versteckt zu haben. Es war mitten in der Nacht, und doch konnte er alles um sich herum erkennen.
Irgendwas war komisch, er hörte weder das rascheln der Blätter über ihm, noch die Laute er ansässigen Tiere.
Er ging zu der schlafenden Truppe rüber.
Hey! Liegt ihr auf euren Ohren?“ Niemand rührte sich, ein Geräusch drang durch das Gestrüpp am Rand ihres kleinen Lagerplatzes. Ein Knurren das ihm durch Mark und Bein ging.
Philipp schreckte hoch und sah wie sich aus den Schatten der Umriss einer Gestalt löste die ihm nur zu bekannt vorkam.
Ein Faulvarul.
Leute! Aufwachen! Ihr müsst...“, er kam nicht dazu seinen Satz zu beenden. „Vergebene Mühe. Sie können dich nicht hören.“ Ein zweiter Schatten nahm festere Konturen an und trat an der Seite des Faulvaruls auf ihn zu.
Es war die Hexenmeisterin Shorana, sie trug auf ihren Lippen ein kaltes Lächeln.
Zwei kleine Schritte wich Philipp zurück, doch seine Beine gehorchten ihm plötzlich nicht mehr, sie blieben stehen als wären sie mit dem Erdreich verwurzelt.
Kleines Hühnchen, willst du fortlaufen? Lass dir gesagt sein, es hätte keinen Sinn.“
Was willst du?“ Ihm fiel schlagartig ein Detail auf, das ebenfalls nicht passte, er roch den Faulvarul nicht. Er roch gar nichts, nicht einmal den Wald.
Langsam, aber stetig kam Shorana näher bis sie nicht einmal eine Armeslänge von ihm entfernt stehen blieb. Nun konnte er die Bemalung um ihre roten Augen herum noch besser sehen, als bei ihrer ersten Begegnung. Schwarz und Matt umschlang die Farbe ihre Augen, es sah aus als wäre sie im feuchten Zustand ihre Wangen hinab gelaufen, oder man hätte sie in drei Strichen nach unten gezogen. Fein säuberlich endeten sie in filigranen Spitzen auf der Hälfte des Weges von ihren Augen zu ihrem Mund.
An ihrer Unterlippe befand sich ein goldener Ring der durch das Fleisch gestochen war. Von ihm aus führten zwei feine Ketten zu beiden Seiten unter ihr wallendes Haar. Vielleicht bis zu ihren Ohren, aber das blieb im Verborgenen.
Shorana kam ihm so vertraut von, er fühlte sich hingezogen zu ihren vollen Lippen, ihren großen Augen, und dem üppigen Busen der sich unter ihrem dunkel rotem Kleid abzeichnete.
Er schluckte schwer und sie grinste, ihre schwarze Zunge glitt langsam über ihre Unterlippe. „Was ist mein Hühnchen? Platzt dir gleich die Hose, so wie du mich an gierst?“ Sie lachte gehässig. „Mein Kuss scheint bei dir ja gehörigen Eindruck hinterlassen zu haben.“
Mit dem spitzen Fingernagel ihres Zeigefingers strich sie ihm über die Wange, bis hin zu seiner Brust. „Deine Seele ist so schwach, dich quält ein alter Schmerz, der dich einfach nicht loslassen kann. Und nun bist du in einer dir fremden Welt, die dir Angst bereitet. Es war ein Leichtes mich in deine Gedanken zu schleichen.“
Ihm gefiel nicht, was sie über ihn zu wissen schien. Über seine Vergangenheit, und den Schmerz eines gebrochenen Herzens der einfach nicht heilen wollte.
„Das macht doch alles gar keinen Sinn! Was willst du ausgerechnet von mir?“
Shorana packte ihn grob am Kragen und zog ihn dicht an sich heran. Er konnte die Wärme ihres Atems auf seiner Haut spüren.
Mir hat nicht gefallen das deine Freunde hier heute so viele meiner Kleinen getötet haben. Und dann rennt ihr auch einfach so fort. Dabei brauche ich doch die Seele der Ellydre. Nun bieten sich mir gleich Zwei an. Dein Geist ist der einzige der Schwach genug ist ihn zu erreichen.“
„Du musst verrückt sein wenn du glaubst ich überlasse dir Lilly! Du wirst sie niemals bekommen.“
Shorana riss ihre Brauen in die Höhe und brach in schallendes Gelächter aus. „Wie niedlich! Glaubst du, du könntest sie beschützen? Bist du so naiv?“
Seine Fäuste zitterten vor Wut, er wollte sie von sich stoßen, konnte aber keinen Muskel seines Körpers benutzen.
Was soll all der ganze Mist, du brauchst ihre Seelen? Was hast du vor?“
Ihre Lippen wurden von einem breiten Grinsen überzogen, sie leckte sich mit ihrer schwarzen Zunge über die Lippen und lachte leise. „Du weißt es doch schon. Oder erinnerst du dich nicht mehr an deine Worte von heute? Als ihr darüber sinniert habt was ich wohl im Schilde führen könnte? Bevor du mich wieder mit deinen dummen Fragen löcherst, ich habe dir bei unserer kleinen Begegnung an dem See einen Zauber angeheftet. Ich kann alles was ihr sagt durch deine Ohren hören.“
Philipp gefror vor Schreck das Blut in den Adern.
Oh, und doch, ich kann sehr wohl was mit ihren Seelen anfangen, das ist kein Irrglaube. Mit ihnen kann ich Morendras meinem Willen unterwerfen. Wenn ich etwas plane, dann informiere ich mich sehr gut darüber.
Nun haben wir aber genug geplaudert, kommen wir zu meinem Anliegen. Selbstverständlich ist mir klar das du deine kleinen Freunde hier nicht freiwillig zu mir bringen wirst, aber ich habe da schon so eine Idee.“
Philipp holte Luft um ihr eine passende Antwort zu geben, da legte sich ihr Zeigefinger schon auf seine Lippen.
Hier in der Nähe gibt es ein kleines, beschauliches Dorf. Ein belebter Marktplatz auf dem um Waren gefeilscht wird, auf dem Kinder spielen, und die Weiber ihren Tratsch austauschen. Es ist so friedlich dort.
Morgen, wenn der Tag graut werdet ihr euch auf den Weg machen. Sonst werden meine Kleinen hier...“, sie deutete auf den Faulvarul aus dessen Maul grüner Geifer troff, und aus dessen Kehle ein dunkles Knurren drang. „... all die netten Dorfbewohner zum Frühstück verspeisen. Das liegt ganz bei euch. Holt ihr eure Hüterin, werde ich an jedem Tag den ihr braucht, ein weiteres Dorf auslöschen. Das sollte doch Argument genug sein nicht wahr?“
Philipp biss sich auf die Unterlippe, er versuchte seinen Kopf zu bewegen um ihr den verdammten Finger abzubeißen, keiner seiner Muskeln wollte ihm gehorchen, nur seine Lippen gewährten ihm das Sprechen.
Du bist abscheulich!“
Ich weiß, mein kleines Hühnchen.“ Shorana trat von ihm zurück und stemmte ihre Hände in die Hüften.
Tion heißt die nächste Stadt. Kommt dorthin, noch bevor die Stunde zu Mittag schlägt, oder all diese Menschen werden sterben.“ Shorana schnippte mit ihren Fingern und der Faulvarul riss sein gewaltiges Maul auf. Mit einem Satz stürzte er sich auf Philipp und grub seine Zähne in dessen Bein. Er erwachte aus seiner Starre und spürte den Schmerz, er fühlte wie der ätzende Speichel sein Fleisch verbrannte. Durch die Wucht mit der das Biest auf ihn los ging, fiel er zu Boden, verzweifelt versuchte er noch die Kreatur von sich fort zu drücken, doch es war sinnlos.
Die scharfen Klauen schlug es in seinen Brustkorb, schlitzte ihn bis zum Magen auf und trieb seine Fangzähne erneut in sein Bein. Philipp schrie auf vor Schmerzen, er hörte Knochen brechen, er hörte und spürte wie ein Stück Fleisch aus ihm heraus gerissen wurde und er hörte das Gelächter von Shorana.
Das Echo ihres Lachens verfolgte ihn noch als sein Geist sich von seinem schmerzenden Körper loszureißen schien.

Unter einem Schrei setzte Philipp sich auf, Schweiß floss an seiner Stirn hinab, sein Atem kam in hektischen Zügen.
Hände wollten nach ihm greifen, panisch schlug er sie fort und kroch rückwärts. Es dauerte einen Moment bis er das besorgte Gesicht vor sich und die Stimmen um ihn herum einordnen konnte.
Philipp! Beruhige dich. Du hast schlecht geträumt, alles ist gut.“
Lilly lächelte ihm aufmunternd zu und legte ihm eine Hand auf sein wild pochendes Herz. Er fühlte wie es sich langsam wieder beruhigte. Xii und Ooku blickten finster auf ihn herab, letzterer schüttelte den Kopf und wandte sich zum Gehen ab.
Lasst uns jetzt endlich aufbrechen.“
Lilly seufzte leise und nickte, sie erhob sich in einer geschmeidigen Bewegung. „Philipp, ich habe heute Nacht mit Ooku geredet. Ich werde mit ihm zusammen zur Hüterin fliegen. Xii wird zu Fuß mit dir weiter reisen.
Glaub mir bitte, ich will dich nicht hier zurück lassen, aber mein Bruder hat Recht. Allein schaffen wir das alles nicht, und ich darf nicht so egoistisch sein. Das Wohl unseres ganzen Volkes liegt in unseren Händen.“
Ihr trauriger Blick war gen Boden gerichtet, sie schien nicht glücklich zu sein mit ihrer Entscheidung, hatte aber eingesehen das es das beste war Hilfe zu holen.
Philipp sprang auf die Füße und ergriff ihre Hand, er zog sie fest an sich und packte sie bei den Schultern.
Nein! Ich... ich hatte einen Traum. Nein, eigentlich war es kein Traum. Lilly hör mir zu. Ihr alle.
Die Hexe Shorana hat mich in meinen Gedanken aufgesucht. Sie sagte zu mir sie wird jeden Tag ein Dorf der Menschen hier in der Gegend auslöschen wenn wir nicht bis heute Mittag nach Tion gegangen sind.
Sie wird damit anfangen alle Menschen dort zu töten wenn wir bis zur Mittagszeit nicht da sind.“
Alle schauten ihn völlig perplex an, Ooku schmunzelte höhnisch und schüttelte den Kopf.
Nur weil du schlecht geschlafen hast, werden wir sicherlich nicht...“
Xii hob eine Hand und brachte den Ellydren zum schweigen, sie trat ein paar Schritte vor und ein grimmiger Ausdruck überzog ihre sonst auch nicht viel freundlichere Züge.
Das war kein Traum Ooku, ich spüre eine dunkle Berührung an ihm haften. Sagtest du Tion? Es gibt hier wirklich ganz in der Nähe diese Menschensiedlung.“
Lilly wandte ihren Kopf mit einem Ruck zu Xii und weitete erschrocken die Augen.
Das konnte Philipp nicht wissen.“ Langsam schaute sie wieder zu Philipp, bevor sie all ihre Fragen gedanklich ordnen konnte, sprudelte er weiter.
Sie sagte sie hätte mich mit einem Zauber belegt, in der Nacht am See als sie die Gestalt der Nixe angenommen hatte. Nun kann sie alles hören was wir sagen. Sie wusste um unsere Spekulationen und meinte, sie brauch eure Seelen um Morendras zu beherrschen. Scheinbar will sie wirklich... diesen verwunschenen Ort über das ganze Land ausweiten.“
Ooku schlug Philipps Arme fort mit denen er noch immer Lilly an den Schultern gepackt hatte.
Wenn sie tatsächlich alles hört was wir sagen, dann soll sie ruhig hören das sie uns nicht in ihre plumpe Falle locken kann.“
Lilly wirbelte zu ihm herum und gestikulierte aufgeregt. „Ooku! Diese Menschen sind in Gefahr. Das können wir nicht einfach zulassen. Wir müssen dieses Dorf retten.“
Ihr Bruder schlug sich die Hände vor das Gesicht und biss sich auf die Unterlippe, er konnte nicht glauben was sie da von sich gab. „Bist du noch bei Sinnen? Auf deine Gutmütigkeit hat sie es abgesehen. Lilly, wenn wir keine Hilfe holen und bei der Sache versagen, was glaubst du wird dann all den Menschen die hier wohnen passieren? Wohl genau das Gleiche. Wir können sie nicht retten. Das kostet zu viel Zeit.“
Mit festem Blick trat sie auf ihren Bruder zu und ballte eine Hand zur Faust.
Nein Ooku. Heute Nacht habe ich mich von dir überreden lassen, weil ich in der letzten Zeit oft genug meinen Kopf durchsetzen wollte, und genau das meist noch mehr Probleme bereitet hatte.
Aber ich lasse all diese unschuldigen Menschen nicht sterben. Wenn wir uns Shorana heute stellen müssen...“
Mit einem Finger deutete sie auf den blauen Himmel über sich, Shorana musste es nicht hören, er würde auch so verstehen was sie meinte. Das Sonnenlicht würde ihnen dieses Mal die nötige Kraft geben.
Xii stellte sich an Ookus Seite und fixierte Lilly mit festem Blick.
Lilly, Euer Bruder hat Recht! Wir laufen ihr doch geradewegs in die Arme. Das schreit doch nach einer Falle.“
Dann dürfen wir uns nicht in diese Falle locken lassen, wir sind nicht schutzlos. Dennoch dürfen wir diese Menschen nicht sterben lassen. Bis in den ewigen Hain sind wir fast einen Tag unterwegs wenn wir auf Uri fliegen.
Wenn wir die anderen Ellydren um Hilfe bitten, und angenommen wir ziehen alle zusammen los... bräuchten wir gute drei Tage bis hier her.
Shorana will jeden Tag ein Dorf vernichten, das können wir einfach nicht zulassen. Bitte vertraut mir, ich habe eine Idee.“

Mit schwerem Herzen und vieler Worte später, hatten Xii und Ooku nachgegeben, sie stimmten ein sich zum Dorf Tion zu begeben. Ooku hatte Uri eine Nachricht mitgegeben und den Scarsaluc in den ewigen Hain gesandt. Wenn sie versagten, dann war zumindest Hilfe im Anmarsch, und auch wenn nicht mehr viele Ellydren am Leben waren, so hatte Shorana keine Chance gegen sie alle. Hofften sie.
Lange vor Ablaufen der zeitlichen Frist die Shorana ihnen gesetzt hatte, erreichten sie die Hügel, hinter denen das Dorf Tion in einem friedlichen Tal lag. Die Stimmung unter der Gruppe war angespannt, und Xii hatte wieder ihre Fuchsgestalt angenommen.
Bevor sie die Hügel hinauf gingen, pflückte Lilly von einer nahestehenden Kiefer einen Zapfen und nickte Ooku zu. Er tat es ihr gleich, und beide gingen vor ihren gewählten Bäumen auf die Knie. Sie küssten die Wurzeln der Bäume und flüsterten etwas das Philipp nicht verstand.
Fragend blickte er zu Xii, die lediglich den Kopf schüttelte. Sei kratzte sich mit ihrer Pfote am Ohr, und er hatte verstanden.
Die Ellydren bereiteten irgendetwas vor, das Shorana nicht wissen sollte. Ihm war die ganze Zeit mulmig das die Hexenmeisterin durch seine Ohren hören konnte. Hoffentlich las sie nicht auch noch seine Gedanken.
Als die beiden mit ihrem Ritual fertig waren, ging die Gruppe den Hügel hinauf.
Vor ihnen eröffnete sich ein grünes Tal mit Ackern, saftigen Weidegründen und einem Dorf das vielleicht dreißig Häuser zählte. Alle Dächer waren mit Stroh gedeckt, machten auf die Ferne jedoch einen stabilen Eindruck. Für Philipp war es das erste Mal das er ein Dorf dieser Welt aus der Nähe sah, genau so hatte er sich das Mittelalter immer vorgestellt, und auch wenn die Situation vielleicht nicht ganz angemessen war, so staunte er doch nicht schlecht.
Hier und da stieg Rauch auf, als würden schon die Feuerstellen entfacht werden auf denen man das Mittagessen zubereiten wollte.
Xii stellte ihre Ohren auf und ging ein kleines Stück auf dem breiten Trampelpfad voraus. Ihre Stimme erklang in den Köpfen der anderen.
Mir gefällt das nicht. Menschen sind für gewöhnlich sehr laut, man müsste Bauern bei der Arbeit sehen, das sinnlose plappern und das blöken der Kinder hören. Aber ich vernehme gar nichts.“
Lilly hielt den Zapfen des Baumes fest in ihrer Hand und schluckte, es war ihre Entscheidung gewesen, nun musste sie Rückgrat beweisen. „Dann lasst uns nachsehen was der Grund für diese Stille ist.“
Der breite Pfad führte sie in das kleine Tal, tiefe Rillen hatte der rege Verkehr von Kutschen in den Grund gegraben.
Je weiter sie den ersten Häusern kamen, desto unheimlicher wurde die Stille, ein starker Wind fegte durch das Tal und brachte den Duft der nahen Kornfelder mit sich. Vielleicht trug er auch einen anderen Geruch hinfort.
Die ersten Hütten schienen vollkommen verlassen zu sein, nichts und niemand war auf den Straßen zu sehen. Ihr Weg führte sie eine breite Gasse entlang, hier hatte man sogar Pflastersteine ausgelegt, die alten Scharniere eines Holzschildes des ansässigen Gasthauses quietschten als es vom Wind hin und her geschaukelt wurde.
Um die nächste Häuserecke erwartete sie der Marktplatz.
Der belebte Platz war nicht verlassen.
Der Anblick raubte Philipp die Luft zum Atmen, er hörte neben sich wie Lilly schluchzte und sich die Hände vor das Gesicht schlug, doch ihre Augen bedeckte sie nicht. Niemand konnte seinen Blick von dem was sie auf dem Marktplatz erwartet hatte abwenden.
Kein Videospiel, kein Film den Philipp schon in seinem Leben gesehen hatte kam dem Schrecken nahe der sich ihm hier bot. Hier konnte man nicht einfach den letzten Speicherstand laden und alles wieder rückgängig machen.
Es war ein Bild das sich bis in alle Ewigkeit in sein Gedächtnis brannte.

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