„Ich
liebe meine Schwester, und du hast das Glück das ihr etwas an dir zu
liegen scheint, sonst hätte ich dir schon längst dein dummes Maul
gestopft.
Ihre
Augen haben gesehen was meine sahen, auch wenn sie ihre Erinnerungen
hinter einer Fassade aus Heiterkeit versteckt, weiß ich das auch sie
diese Nacht nie vergessen wird. Die Nacht in der ihr den Tod über
uns gebracht habt.
Aber
wenn es dich so sehr interessiert was geschehen ist, frag Lilly. Frag
sie ob sie dir ihre Seele öffnet, dann wirst du es sehen. Besser
noch, am eigenen Leib erfahren.“
Ohne
eine Reaktion von Philipp abzuwarten hob Ooku seine Hand, kleine
grüne Pollen schwirrten um seine Finger herum.
Rasch,
wie von einem Windzug getragen, drangen sie in die Nasenlöcher
seines Gegenübers ein.
Philipp
taumelte zurück, versuchte mit der Hand wedelnd die Pollen daran zu
hindern, doch es war zu spät. Mit einem Schlag fühlte er sich
unendlich schläfrig und ging unsanft auf die Knie.
Ooku
blickte von oben auf ihn hinab, sein Kopf legte sich etwas schief,
dann wandte er sich ab.
„Genug
geplaudert. Gib nun Ruhe und schlafe.“
Philipp
wusste gar nicht wie ihm geschah, er spürte seinen Körper nicht
mehr, und der Schlaf hatte ihn schneller in die Dunkelheit gezogen
bevor er Lillys Bruder für sein Handeln verfluchen konnte.
Ihm
kam es vor als hätte er noch keine Stunde geschlummert, da öffneten
sich Philipps Augen erneut.
Träge
stützte er sich auf seinen Ellenbogen ab und ließ den Blick
schweifen. Mit diesem Mistkerl hatte er noch ein Hühnchen zu rupfen.
Rasch
hatte er ihn gefunden, schlafend, direkt neben Xii und Lilly. Auch
Uri schlief tief und fest in der Nähe.
„Hält
denn niemand Wache?“
Als
Philipp sich aufrappelte warf er einen Blick in den Himmel. Sterne
waren keine zu sehen, auch der Mond schien sich hinter den Wolken
versteckt zu haben. Es war mitten in der Nacht, und doch konnte er
alles um sich herum erkennen.
Irgendwas
war komisch, er hörte weder das rascheln der Blätter über ihm,
noch die Laute er ansässigen Tiere.
Er
ging zu der schlafenden Truppe rüber.
„Hey!
Liegt ihr auf euren Ohren?“ Niemand rührte sich, ein Geräusch
drang durch das Gestrüpp am Rand ihres kleinen Lagerplatzes. Ein
Knurren das ihm durch Mark und Bein ging.
Philipp
schreckte hoch und sah wie sich aus den Schatten der Umriss einer
Gestalt löste die ihm nur zu bekannt vorkam.
Ein
Faulvarul.
„Leute!
Aufwachen! Ihr müsst...“, er kam nicht dazu seinen Satz zu
beenden. „Vergebene Mühe. Sie können dich nicht hören.“ Ein
zweiter Schatten nahm festere Konturen an und trat an der Seite des
Faulvaruls auf ihn zu.
Es
war die Hexenmeisterin Shorana, sie trug auf ihren Lippen ein kaltes
Lächeln.
Zwei
kleine Schritte wich Philipp zurück, doch seine Beine gehorchten ihm
plötzlich nicht mehr, sie blieben stehen als wären sie mit dem
Erdreich verwurzelt.
„Kleines
Hühnchen, willst du fortlaufen? Lass dir gesagt sein, es hätte
keinen Sinn.“
„Was
willst du?“ Ihm fiel schlagartig ein Detail auf, das ebenfalls
nicht passte, er roch den Faulvarul nicht. Er roch gar nichts, nicht
einmal den Wald.
Langsam,
aber stetig kam Shorana näher bis sie nicht einmal eine Armeslänge
von ihm entfernt stehen blieb. Nun konnte er die Bemalung um ihre
roten Augen herum noch besser sehen, als bei ihrer ersten Begegnung.
Schwarz und Matt umschlang die Farbe ihre Augen, es sah aus als wäre
sie im feuchten Zustand ihre Wangen hinab gelaufen, oder man hätte
sie in drei Strichen nach unten gezogen. Fein säuberlich endeten sie
in filigranen Spitzen auf der Hälfte des Weges von ihren Augen zu
ihrem Mund.
An
ihrer Unterlippe befand sich ein goldener Ring der durch das Fleisch
gestochen war. Von ihm aus führten zwei feine Ketten zu beiden
Seiten unter ihr wallendes Haar. Vielleicht bis zu ihren Ohren, aber
das blieb im Verborgenen.
Shorana
kam ihm so vertraut von, er fühlte sich hingezogen zu ihren vollen
Lippen, ihren großen Augen, und dem üppigen Busen der sich unter
ihrem dunkel rotem Kleid abzeichnete.
Er
schluckte schwer und sie grinste, ihre schwarze Zunge glitt langsam
über ihre Unterlippe. „Was ist mein Hühnchen? Platzt dir gleich
die Hose, so wie du mich an gierst?“ Sie lachte gehässig. „Mein
Kuss scheint bei dir ja gehörigen Eindruck hinterlassen zu
haben.“
Mit dem spitzen Fingernagel ihres Zeigefingers strich sie ihm über die Wange, bis hin zu seiner Brust. „Deine Seele ist so schwach, dich quält ein alter Schmerz, der dich einfach nicht loslassen kann. Und nun bist du in einer dir fremden Welt, die dir Angst bereitet. Es war ein Leichtes mich in deine Gedanken zu schleichen.“
Mit dem spitzen Fingernagel ihres Zeigefingers strich sie ihm über die Wange, bis hin zu seiner Brust. „Deine Seele ist so schwach, dich quält ein alter Schmerz, der dich einfach nicht loslassen kann. Und nun bist du in einer dir fremden Welt, die dir Angst bereitet. Es war ein Leichtes mich in deine Gedanken zu schleichen.“
Ihm
gefiel nicht, was sie über ihn zu wissen schien. Über seine
Vergangenheit, und den Schmerz eines gebrochenen Herzens der einfach
nicht heilen wollte.
„Das macht doch alles gar keinen Sinn! Was willst du ausgerechnet von mir?“
„Das macht doch alles gar keinen Sinn! Was willst du ausgerechnet von mir?“
Shorana
packte ihn grob am Kragen und zog ihn dicht an sich heran. Er konnte
die Wärme ihres Atems auf seiner Haut spüren.
„Mir
hat nicht gefallen das deine Freunde hier heute so viele meiner
Kleinen getötet haben. Und dann rennt ihr auch einfach so fort.
Dabei brauche ich doch die Seele der Ellydre. Nun bieten sich mir
gleich Zwei an. Dein Geist ist der einzige der Schwach genug ist ihn
zu erreichen.“
„Du musst verrückt sein wenn du glaubst ich überlasse dir Lilly! Du wirst sie niemals bekommen.“
„Du musst verrückt sein wenn du glaubst ich überlasse dir Lilly! Du wirst sie niemals bekommen.“
Shorana
riss ihre Brauen in die Höhe und brach in schallendes Gelächter
aus. „Wie niedlich! Glaubst du, du könntest sie beschützen? Bist
du so naiv?“
Seine
Fäuste zitterten vor Wut, er wollte sie von sich stoßen, konnte
aber keinen Muskel seines Körpers benutzen.
„Was
soll all der ganze Mist, du brauchst ihre Seelen? Was hast du vor?“
Ihre
Lippen wurden von einem breiten Grinsen überzogen, sie leckte sich
mit ihrer schwarzen Zunge über die Lippen und lachte leise. „Du
weißt es doch schon. Oder erinnerst du dich nicht mehr an deine
Worte von heute? Als ihr darüber sinniert habt was ich wohl im
Schilde führen könnte? Bevor du mich wieder mit deinen dummen
Fragen löcherst, ich habe dir bei unserer kleinen Begegnung an dem
See einen Zauber angeheftet. Ich kann alles was ihr sagt durch deine
Ohren hören.“
Philipp gefror vor Schreck das Blut in den Adern.
Philipp gefror vor Schreck das Blut in den Adern.
„Oh,
und doch, ich kann sehr wohl was mit ihren Seelen anfangen, das ist
kein Irrglaube. Mit ihnen kann ich Morendras meinem Willen
unterwerfen. Wenn ich etwas plane, dann informiere ich mich sehr gut
darüber.
Nun
haben wir aber genug geplaudert, kommen wir zu meinem Anliegen.
Selbstverständlich ist mir klar das du deine kleinen Freunde hier
nicht freiwillig zu mir bringen wirst, aber ich habe da schon so eine
Idee.“
Philipp holte Luft um ihr eine passende Antwort zu geben, da legte sich ihr Zeigefinger schon auf seine Lippen.
Philipp holte Luft um ihr eine passende Antwort zu geben, da legte sich ihr Zeigefinger schon auf seine Lippen.
„Hier
in der Nähe gibt es ein kleines, beschauliches Dorf. Ein belebter
Marktplatz auf dem um Waren gefeilscht wird, auf dem Kinder spielen,
und die Weiber ihren Tratsch austauschen. Es ist so friedlich dort.
Morgen,
wenn der Tag graut werdet ihr euch auf den Weg machen. Sonst werden
meine Kleinen hier...“, sie deutete auf den Faulvarul aus dessen
Maul grüner Geifer troff, und aus dessen Kehle ein dunkles Knurren
drang. „... all die netten Dorfbewohner zum Frühstück verspeisen.
Das liegt ganz bei euch. Holt ihr eure Hüterin, werde ich an jedem
Tag den ihr braucht, ein weiteres Dorf auslöschen. Das sollte doch
Argument genug sein nicht wahr?“
Philipp biss sich auf die Unterlippe, er versuchte seinen Kopf zu bewegen um ihr den verdammten Finger abzubeißen, keiner seiner Muskeln wollte ihm gehorchen, nur seine Lippen gewährten ihm das Sprechen.
Philipp biss sich auf die Unterlippe, er versuchte seinen Kopf zu bewegen um ihr den verdammten Finger abzubeißen, keiner seiner Muskeln wollte ihm gehorchen, nur seine Lippen gewährten ihm das Sprechen.
„Du
bist abscheulich!“
„Ich
weiß, mein kleines Hühnchen.“ Shorana trat von ihm zurück und
stemmte ihre Hände in die Hüften.
„Tion
heißt die nächste Stadt. Kommt dorthin, noch bevor die Stunde zu
Mittag schlägt, oder all diese Menschen werden sterben.“ Shorana
schnippte mit ihren Fingern und der Faulvarul riss sein gewaltiges
Maul auf. Mit einem Satz stürzte er sich auf Philipp und grub seine
Zähne in dessen Bein. Er erwachte aus seiner Starre und spürte den
Schmerz, er fühlte wie der ätzende Speichel sein Fleisch
verbrannte. Durch die Wucht mit der das Biest auf ihn los ging, fiel
er zu Boden, verzweifelt versuchte er noch die Kreatur von sich fort
zu drücken, doch es war sinnlos.
Die
scharfen Klauen schlug es in seinen Brustkorb, schlitzte ihn bis zum
Magen auf und trieb seine Fangzähne erneut in sein Bein. Philipp
schrie auf vor Schmerzen, er hörte Knochen brechen, er hörte und
spürte wie ein Stück Fleisch aus ihm heraus gerissen wurde und er
hörte das Gelächter von Shorana.
Das
Echo ihres Lachens verfolgte ihn noch als sein Geist sich von seinem
schmerzenden Körper loszureißen schien.
Unter
einem Schrei setzte Philipp sich auf, Schweiß floss an seiner Stirn
hinab, sein Atem kam in hektischen Zügen.
Hände
wollten nach ihm greifen, panisch schlug er sie fort und kroch
rückwärts. Es dauerte einen Moment bis er das besorgte Gesicht vor
sich und die Stimmen um ihn herum einordnen konnte.
„Philipp!
Beruhige dich. Du hast schlecht geträumt, alles ist gut.“
Lilly lächelte ihm aufmunternd zu und legte ihm eine Hand auf sein wild pochendes Herz. Er fühlte wie es sich langsam wieder beruhigte. Xii und Ooku blickten finster auf ihn herab, letzterer schüttelte den Kopf und wandte sich zum Gehen ab.
Lilly lächelte ihm aufmunternd zu und legte ihm eine Hand auf sein wild pochendes Herz. Er fühlte wie es sich langsam wieder beruhigte. Xii und Ooku blickten finster auf ihn herab, letzterer schüttelte den Kopf und wandte sich zum Gehen ab.
„Lasst
uns jetzt endlich aufbrechen.“
Lilly
seufzte leise und nickte, sie erhob sich in einer geschmeidigen
Bewegung. „Philipp, ich habe heute Nacht mit Ooku geredet. Ich
werde mit ihm zusammen zur Hüterin fliegen. Xii wird zu Fuß mit dir
weiter reisen.
Glaub
mir bitte, ich will dich nicht hier zurück lassen, aber mein Bruder
hat Recht. Allein schaffen wir das alles nicht, und ich darf nicht so
egoistisch sein. Das Wohl unseres ganzen Volkes liegt in unseren
Händen.“
Ihr trauriger Blick war gen Boden gerichtet, sie schien nicht glücklich zu sein mit ihrer Entscheidung, hatte aber eingesehen das es das beste war Hilfe zu holen.
Ihr trauriger Blick war gen Boden gerichtet, sie schien nicht glücklich zu sein mit ihrer Entscheidung, hatte aber eingesehen das es das beste war Hilfe zu holen.
Philipp
sprang auf die Füße und ergriff ihre Hand, er zog sie fest an sich
und packte sie bei den Schultern.
„Nein!
Ich... ich hatte einen Traum. Nein, eigentlich war es kein Traum.
Lilly hör mir zu. Ihr alle.
Die
Hexe Shorana hat mich in meinen Gedanken aufgesucht. Sie sagte zu mir
sie wird jeden Tag ein Dorf der Menschen hier in der Gegend
auslöschen wenn wir nicht bis heute Mittag nach Tion gegangen sind.
Sie
wird damit anfangen alle Menschen dort zu töten wenn wir bis zur
Mittagszeit nicht da sind.“
Alle
schauten ihn völlig perplex an, Ooku schmunzelte höhnisch und
schüttelte den Kopf.
„Nur
weil du schlecht geschlafen hast, werden wir sicherlich nicht...“
Xii
hob eine Hand und brachte den Ellydren zum schweigen, sie trat ein
paar Schritte vor und ein grimmiger Ausdruck überzog ihre sonst auch
nicht viel freundlichere Züge.
„Das
war kein Traum Ooku, ich spüre eine dunkle Berührung an ihm haften.
Sagtest du Tion? Es gibt hier wirklich ganz in der Nähe diese
Menschensiedlung.“
Lilly wandte ihren Kopf mit einem Ruck zu Xii und weitete erschrocken die Augen.
Lilly wandte ihren Kopf mit einem Ruck zu Xii und weitete erschrocken die Augen.
„Das
konnte Philipp nicht wissen.“ Langsam schaute sie wieder zu
Philipp, bevor sie all ihre Fragen gedanklich ordnen konnte,
sprudelte er weiter.
„Sie
sagte sie hätte mich mit einem Zauber belegt, in der Nacht am See
als sie die Gestalt der Nixe angenommen hatte. Nun kann sie alles
hören was wir sagen. Sie wusste um unsere Spekulationen und meinte,
sie brauch eure Seelen um Morendras zu beherrschen. Scheinbar will
sie wirklich... diesen verwunschenen Ort über das ganze Land
ausweiten.“
Ooku
schlug Philipps Arme fort mit denen er noch immer Lilly an den
Schultern gepackt hatte.
„Wenn
sie tatsächlich alles hört was wir sagen, dann soll sie ruhig hören
das sie uns nicht in ihre plumpe Falle locken kann.“
Lilly
wirbelte zu ihm herum und gestikulierte aufgeregt. „Ooku! Diese
Menschen sind in Gefahr. Das können wir nicht einfach zulassen. Wir
müssen dieses Dorf retten.“
Ihr
Bruder schlug sich die Hände vor das Gesicht und biss sich auf die
Unterlippe, er konnte nicht glauben was sie da von sich gab. „Bist
du noch bei Sinnen? Auf deine Gutmütigkeit hat sie es abgesehen.
Lilly, wenn wir keine Hilfe holen und bei der Sache versagen, was
glaubst du wird dann all den Menschen die hier wohnen passieren? Wohl
genau das Gleiche. Wir können sie nicht retten. Das kostet zu viel
Zeit.“
Mit
festem Blick trat sie auf ihren Bruder zu und ballte eine Hand zur
Faust.
„Nein
Ooku. Heute Nacht habe ich mich von dir überreden lassen, weil ich
in der letzten Zeit oft genug meinen Kopf durchsetzen wollte, und
genau das meist noch mehr Probleme bereitet hatte.
Aber
ich lasse all diese unschuldigen Menschen nicht sterben. Wenn wir uns
Shorana heute stellen müssen...“
Mit
einem Finger deutete sie auf den blauen Himmel über sich, Shorana
musste es nicht hören, er würde auch so verstehen was sie meinte.
Das Sonnenlicht würde ihnen dieses Mal die nötige Kraft geben.
Xii
stellte sich an Ookus Seite und fixierte Lilly mit festem Blick.
„Lilly,
Euer Bruder hat Recht! Wir laufen ihr doch geradewegs in die Arme.
Das schreit doch nach einer Falle.“
„Dann
dürfen wir uns nicht in diese Falle locken lassen, wir sind nicht
schutzlos. Dennoch dürfen wir diese Menschen nicht sterben lassen.
Bis in den ewigen Hain sind wir fast einen Tag unterwegs wenn wir auf
Uri fliegen.
Wenn
wir die anderen Ellydren um Hilfe bitten, und angenommen wir ziehen
alle zusammen los... bräuchten wir gute drei Tage bis hier her.
Shorana
will jeden Tag ein Dorf vernichten, das können wir einfach nicht
zulassen. Bitte vertraut mir, ich habe eine Idee.“
Mit
schwerem Herzen und vieler Worte später, hatten Xii und Ooku
nachgegeben, sie stimmten ein sich zum Dorf Tion zu begeben. Ooku
hatte Uri eine Nachricht mitgegeben und den Scarsaluc in den ewigen
Hain gesandt. Wenn sie versagten, dann war zumindest Hilfe im
Anmarsch, und auch wenn nicht mehr viele Ellydren am Leben waren, so
hatte Shorana keine Chance gegen sie alle. Hofften sie.
Lange
vor Ablaufen der zeitlichen Frist die Shorana ihnen gesetzt hatte,
erreichten sie die Hügel, hinter denen das Dorf Tion in einem
friedlichen Tal lag. Die Stimmung unter der Gruppe war angespannt,
und Xii hatte wieder ihre Fuchsgestalt angenommen.
Bevor
sie die Hügel hinauf gingen, pflückte Lilly von einer nahestehenden
Kiefer einen Zapfen und nickte Ooku zu. Er tat es ihr gleich, und
beide gingen vor ihren gewählten Bäumen auf die Knie. Sie küssten
die Wurzeln der Bäume und flüsterten etwas das Philipp nicht
verstand.
Fragend
blickte er zu Xii, die lediglich den Kopf schüttelte. Sei kratzte
sich mit ihrer Pfote am Ohr, und er hatte verstanden.
Die
Ellydren bereiteten irgendetwas vor, das Shorana nicht wissen sollte.
Ihm war die ganze Zeit mulmig das die Hexenmeisterin durch seine
Ohren hören konnte. Hoffentlich las sie nicht auch noch seine
Gedanken.
Als
die beiden mit ihrem Ritual fertig waren, ging die Gruppe den Hügel
hinauf.
Vor
ihnen eröffnete sich ein grünes Tal mit Ackern, saftigen
Weidegründen und einem Dorf das vielleicht dreißig Häuser zählte.
Alle Dächer waren mit Stroh gedeckt, machten auf die Ferne jedoch
einen stabilen Eindruck. Für Philipp war es das erste Mal das er ein
Dorf dieser Welt aus der Nähe sah, genau so hatte er sich das
Mittelalter immer vorgestellt, und auch wenn die Situation vielleicht
nicht ganz angemessen war, so staunte er doch nicht schlecht.
Hier
und da stieg Rauch auf, als würden schon die Feuerstellen entfacht
werden auf denen man das Mittagessen zubereiten wollte.
Xii
stellte ihre Ohren auf und ging ein kleines Stück auf dem breiten
Trampelpfad voraus. Ihre Stimme erklang in den Köpfen der anderen.
„Mir
gefällt das nicht. Menschen sind für gewöhnlich sehr laut, man
müsste Bauern bei der Arbeit sehen, das sinnlose plappern und das
blöken der Kinder hören. Aber ich vernehme gar nichts.“
Lilly
hielt den Zapfen des Baumes fest in ihrer Hand und schluckte, es war
ihre Entscheidung gewesen, nun musste sie Rückgrat beweisen. „Dann
lasst uns nachsehen was der Grund für diese Stille ist.“
Der
breite Pfad führte sie in das kleine Tal, tiefe Rillen hatte der
rege Verkehr von Kutschen in den Grund gegraben.
Je
weiter sie den ersten Häusern kamen, desto unheimlicher wurde die
Stille, ein starker Wind fegte durch das Tal und brachte den Duft der
nahen Kornfelder mit sich. Vielleicht trug er auch einen anderen
Geruch hinfort.
Die
ersten Hütten schienen vollkommen verlassen zu sein, nichts und
niemand war auf den Straßen zu sehen. Ihr Weg führte sie eine
breite Gasse entlang, hier hatte man sogar Pflastersteine ausgelegt,
die alten Scharniere eines Holzschildes des ansässigen Gasthauses
quietschten als es vom Wind hin und her geschaukelt wurde.
Um
die nächste Häuserecke erwartete sie der Marktplatz.
Der
belebte Platz war nicht verlassen.
Der
Anblick raubte Philipp die Luft zum Atmen, er hörte neben sich wie
Lilly schluchzte und sich die Hände vor das Gesicht schlug, doch
ihre Augen bedeckte sie nicht. Niemand konnte seinen Blick von dem
was sie auf dem Marktplatz erwartet hatte abwenden.
Kein
Videospiel, kein Film den Philipp schon in seinem Leben gesehen hatte
kam dem Schrecken nahe der sich ihm hier bot. Hier konnte man nicht
einfach den letzten Speicherstand laden und alles wieder rückgängig
machen.
Es
war ein Bild das sich bis in alle Ewigkeit in sein Gedächtnis
brannte.
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