Fachidiot 5. Kapitel Teil 3

Shoranas Stimme donnerte über den modrigen Morast hinweg und die Faulvaruls wetzten ihre Krallen.
Genug der Plauderei! Nun hole ich mir deine Seele, und meine Kleinen hier dürfen sich die Mägen vollschlagen.“
Die Hexe deutete mit ihrem Zeigefinger auf Lilly und grinste diabolisch über das gesamte Gesicht.
Fresst aber nicht die Ellydre! Zumindest nicht das was sie zum leben braucht, kostet ruhig von Armen und Beinen!“
Auf ihr Kommando hin stürzte das Rudel bis auf eine Ausnahme mit fletschenden Zähnen auf die Gruppe.
Xii zögerte nicht und schleuderte einen blauen Feuerball auf die Bestie direkt vor sich. Blitzschnell wich der Varul aus, rechnete aber nicht mit dem zweiten Feuerball der ihn frontal traf.
Heulend ging er in Flammen auf, Haare und Fleisch rutschten von seinen Knochen, verzehrten seine Seele bis nur noch Asche von ihm übrig war.
Ein weiterer Angreifer blieb plötzlich mit allen Vieren im Moor stecken. Was normal seine Heimat war, wurde ihm nun zum Verhängnis. Lilly hatte beide Hände flach auf dem Boden abgelegt und bohrte ihre Finger in den schleimigen Untergrund.
Unter wütenden Schreien wurde der Faulvarul in die Tiefe gezogen bis seine Stimme im Schlamm erstickte.
Shorana grinste müde und gab dem zurück gebliebenen Biest den Stab in das Maul, auch wenn dessen grüner Speichel ätzend war, konnte er dem Holz scheinbar nichts anhaben.
Als hätte er einen stummen Befehl bekommen rannte er davon und verschwand im Nebel. Die Hexenmeisterin verschränkte die Arme vor der Brust und sah dem Kampf zu, ohne einzugreifen.
Zwei weitere blaue Feuerbälle verbrannten einen Faulvarul nachdem Xii ihm mit einem beherzten Sprung ausgewichen war.
Philipp wusste gar nicht wo er zuerst hinschauen sollte, jedes Mal wenn ihnen eine der Bestien zu nahe kam, wurde sie von seinen zwei Begleiterinnen ausgelöscht, doch das Blatt schien sich binnen von Sekunden zu wenden.
Lilly erhob sich schwankend und wischte sich den Schweiß von der Stirn, zwei weitere Angreifer hatte sie nur für einen Moment in dem Moor feststecken lassen können, jetzt schon kämpften sie sich unablässig wieder frei.
Er erinnerte sich an ihre Worte, das sie ohne das Sonnenlicht kaum Kraftreserven hatte, doch das sie so schnell am Ende sein würde, hatte er nicht gehofft. Der Griff um den Ast den er sich geschnappt hatte wurde fester, nun lag es an ihm sich auch einmal nützlich zu machen.
Eine Gelegenheit bot sich ihm umgehend, einer der Faulvaruls war Xiis Angriff ausgewichen und öffnete seinen Schlund. Schlamm und kleine Brocken flogen durch die Luft als er auf Lilly los preschte. Die Ellydre grub ihre Finger in den Morast, doch ihre Bitte um Hilfe wurde nicht erhört.
Nur einen Steinwurf weit entfernt waren die Fänge die sich in ihren Leib schlagen wollten, als Philipp der Bestie mit einem harten Schlag auf den Schädel drosch.
Er hatte alles in diesen Angriff gelegt, seine Arme schmerzten und der Ast war zersplittert, dennoch hatte er Erfolg gehabt. Der Knochenschädel des Faulvaruls war an einer Stelle vollkommen zertrümmert, eine grünliche Flüssigkeit trat heraus und tropfte zäh zu Boden. Philipp hielt sich eine Hand vor den Mund, der bestialische Gestank schien noch schlimmer zu werden, er fürchtete das Essen nicht länger in seinem Magen halten zu können.
Taumelnd und schwankend wandte sich der verletzte Varul zu Philipp um und hieb mit seinen Klauen nach ihm. Zum Glück machte die Verletzung ihn so träge das sogar der Mensch in der Lage war ihm auszuweichen. Dann brach er tot zusammen.
Das nächste Unheil ließ nicht lange auf sich warten, drei weitere Faulvaruls durchbrachen Xiis Verteidigung und rannten auf sie zu.
Philipp pochte das Herz bis zum Hals, er stellte sich vor Lilly und drückte sie hinter seinen Rücken. Es war aussichtslos, er hatte keine Waffe, und selbst wenn, wäre er nie gegen drei dieser Kreaturen angekommen. Ihr Verwesungsgeruch nahm ihm schon fast die Besinnung.
Mit einem Sprung setzte einer der Faulvaruls zu seinem vernichtendem Schlag an, Klauen waren bereit zu zerreißen, Zähne waren bereit zu zerfleischen.
Soweit sollte es nicht mehr kommen, eine Druckwelle aus Geröll und Wurzeln erfasste das Biest im Sprung und schleuderte es zurück bis an einen Baum wo jeglicher Knochen in dessen Leib unter lautem Krachen zerbarst.
Ein unheilvolles Surren erfüllte die Luft bevor die letzten Staubkörner zu Boden gingen, und ein Schwarm faustgroßer Insekten mit riesigen Stacheln stürzte sich auf die beiden verbliebenen Faulvaruls. Alle Gegenwehr nutzte nichts, sie zerstachen sie binnen Sekunden, überall bildeten sich Beulen. Die Faulvaruls gingen zu Boden, zuckten, und blieben nach verlorenem Kampf leblos liegen.
Philipp erkannte diese Insekten, die von ihrer Form her Hornissen ähnelten, doch mit ihrer rot schwarzen Maserung noch viel bedrohlicher wirkten. Sein Blick irrte suchend umher als er schließlich den Retter in der Not sichtete.
Ein Ellydre mit dunkel blondem Haar, und zwei Ästen die seitlich seiner Schläfen wuchsen, hob seine beiden Arme und sogleich schossen Wurzeln aus dem Morast heraus die sich um die Gliedmaßen der übrigen Faulvaruls schlängelten und sie so für einen Augenblick an diesen Ort fesselten.
Der Ellydre trug um seine Hüften eine Art Gürtel aus Geflechten und Ranken, an deren Enden große Blätter befestigt waren und bis hinab zu seinen Knien reichten. Überall an seinem Körper schlängelte sich Efeu von seinen Ästen, bis zu seinem Gürtel hinab. Was Philipp aber zum Staunen brachte war die Rinde die seinen kompletten linken Arm bedeckte, seine Schulter, einen Teil seiner Brust, über die Seite seines Halses hinauf, über den Rand des Gesichts bis hin zu dem Ast an seiner linken Schläfe.
Lilly schob sich an ihm vorbei und schlug sich erleichtert die Hände vor die Brust. „Ooku! Du bist hier!?“
Der Fremde warf Lilly einen eindringlichen Blick zu, dann sah er zu Xii, die ebenfalls verwundert wie erleichtert wirkte.
Xii! Bring sie fort von hier! Gen Osten! Schnell!“
Die Fuchsdame zögerte nicht lange und sprintete zu Lilly, feste packte sie diese am Handgelenk und zerrte sie mit sich.
Stolpernd leistete sie Gegenwehr und versuchte sich von dem Halt zu befreien.
Lass mich los! Ooku! Du kannst es nicht mit allen alleine aufnehmen, die Hexe hat eine schwarze Zunge! Sie hat ihre Seele verkauft!“
Auf den Lippen Ookus bildete sich der Anflug eines Lächelns, in seinen Augen lag ein wilder Ausdruck.
Mach dir keine Sorge. Wir sehen uns später, ich kann besser wüten wenn niemand im Weg ist.“
Shorana löste die entspannte Verschränkung ihrer Arme und schnarrte leise während sie den Kopf langsam von einer Schulter auf die andere rollen ließ.
Das sich noch jemand einmischt, mag ich nicht. Meine Kleinen hätten schon lange ihre Bäuche vollschlagen sollen.“
Wütend stampfte sie mit einem Fuß auf und eine Druckwelle rauschte über den Boden, die das gesamte Moor zum schwanken brachte. Die Ranken um die Beine der Faulvaruls zogen sich zurück. Wieder in Freiheit kreischten die Bestien wütend auf und stürzten sich auf den Ellydren.
Die Hexenmeisterin machte ein paar schnelle Fingerbewegungen als würde sie Zeichen in die Luft malen, dann beugte sie sich hinab und tippte auf die Oberfläche des braunen Wassers. Unter ihrem Finger entfachte sich ein schwarzes Feuer das sich rasend schnell davon schlängelte und das gesamte Wasser um sie herum in Flammen hüllte.
Langsam durchschritt sie das Feuer ohne das es ihr etwas anhaben konnte.
Hier wird niemand entkommen.“
Philipp rannte hinter Xii und Lilly her, letztere warf immer wieder verzweifelte Blicke nach hinten.
Auch er traute sich über seine Schulter zu blicken, doch das was er sah, gefiel ihm ganz und gar nicht. Zwei der Faulvaruls waren ihnen dicht auf den Fersen, noch schneller aber folgten ihnen die schwarzen Flammen die Shorana entsandt hatte. Ooku drehte sich nach ihnen um, er machte eine ausladende Bewegung mit beiden Armen und schlug seine Hände vor der Brust mit voller Kraft zusammen. Keine Sekunde zu früh, neigten die Bäume ihre Kronen zu Seite, Äste und allerlei Gestrüpp vereinten sich mit ihnen und bildeten binnen eines Wimpernschlages eine undurchdringliche Mauer. Philipp hörte ein lautes Krachen als die Faulvaruls dagegen donnerten. Lange hörte er noch ihre wütenden Schreie und das Scharren als sie versuchten die Blockade mit ihren Klauen zu durchbrechen. Es gelang ihnen nicht.
Sie rannten so schnell ihre Füße sie tragen konnten, gen Osten, wie er es gesagt hatte. Der Wald um sie herum wurde wieder etwas lichter, alle drei keuchten schon vor Erschöpfung als ein leises Summen die Luft erfüllte. Xii und Lilly blieben augenblicklich stehen und reckten die Köpfe in die Luft.
Xii! Das hört sich an wie...“, sie hatte den Satz noch nicht beendet als ein Schatten über die Gruppe hinweg segelte. Es drehte eine Runde hoch oben in der Luft und kam im Sturzflug auf sie zu.
Kurz vor dem Boden flatterten zwei paar Flügel wild als es seinen Flug abbremste und aufsetzte.
Philipp musste sich eine Hand vor die Augen halten, so viel Staub wurde aufgewirbelt.
Als die Umgebung wieder zur Ruhe kam, blinzelte er heftig und traute seinen Augen kaum was da gerade vor ihm gelandet war. Ein überdimensionales Insekt mit zwei langen Fühlern die einen Bogen von seinem schwarzen Kopf nach hinten machten, dazu war sein Maul mit zwei riesigen Zangen bewehrt. Erschrocken wich Philipp zurück, Lilly keuchte noch vor Anstrengung als sie auf das Insekt zu rannte.
Keine Angst! Das ist Uri, ein Freund von uns. Er ist ein Scarsaluc, ein Bewohner meiner Heimat. Ooku muss auf ihm her geflogen sein.“ Das Insekt hob seinen Kopf und klapperte gefährlich mit seinen Zangen, die langen Fühler vibrierten und brachten die Luft zum Schwingen. Philipp sah Lilly schon in zwei Teilen am Boden liegen, aber gegen all seine Erwartungen tat er der Ellydre nichts als sie beide Arme um ihn legte.
Aufgeregt klappte Uri die beiden Chitin Platten auf seinem Rücken hoch und flatterte wieder mit seinen vier Flügeln, es wirkte sogar als würde er vor Wonne schnattern als er die herzliche Umarmung bekam.
Ungläubig rannte Philipp um den Neuankömmling herum und taxierte es genau. Er erkannte, das Insekt war nicht schwarz, sondern dunkelgrün, und die Platten welche seine Flügel schützten, waren von grasgrünen Mustern durchzogen. Drei Beine stützten es von jeder Seite, und als er an dessen Rückseite angekommen war, traute er seinen Augen kaum. Der längliche Körper endete in einer Art Schwanzfortsatz an dessen beiden Seiten feine Lamellen wuchsen, wie ein feiner Kamm. An jeder Lamelle befanden sich unzählige kleine Härchen die schimmerten und funkelten als hingen feine Wassertröpfchen daran.
Nach seiner Umrundung boxte Xii ihn hart in die Seite.
Willst du mit deinem Mund Fliegen fangen? Wir haben keine Zeit für Gaffereien. “ Philipp war zu fasziniert um auf ihre Bemerkung einzugehen. Ungläubig schüttelte er den Kopf und musterte immer noch den Scarsaluc.
Dieses Insekt ist riesig! Er sieht aus wie eine Mischung aus einem Heldbock und Hirschkäfer, das ist einfach unglaublich.
Ihr nutzt diese Dinger zum fliegen?“
Lilly tätschelte eine der beiden massiven Kieferzangen und trat an Philipp heran.
Diese Dinger sind lebendige Wesen, sie tragen uns auf ihrem Rücken wenn sie es möchten. Wir halten sie nicht wie ihr eure Pferde zum Beispiel. Ooku und ich sind mit Uri seit vielen Jahren befreundet.“
Plötzlich wirbelte sie herum als der Scarsaluc mit den Flügeln zu schlagen begann und in die Luft stieg. Er schoss von dannen und war sofort über den dichten Baumkronen verschwunden.
Uri! Nein! Ich wollte ihn bitten mich zurück zu fliegen.“ Lilly atmete tief durch und legte beide Hände an ihre Stirn, ungeduldig ging sie auf und ab.
All das kann ich noch gar nicht glauben. Gestern dachte ich noch die Faulvaruls wären unser schlimmstes Problem, jetzt haben wir es noch mit einer Hexenmeisterin zu tun. Was will sie nur mit Morendras und mir?“
Nervös starrte sie in den Himmel und faltete die Hände vor der Brust als sie unablässig auf und ab marschierte.
Wir hätten Ooku nicht allein lassen dürfen! Mit so etwas wird selbst er nicht fertig!“
Zum ersten Mal sah Philipp so etwas wie einen zornigen Ausdruck in Lillys Gesicht als diese zu Xii herum wirbelte.
Diese zeigte sich reichlich unbeeindruckt und stemmte die Hände in die Hüften, herausfordernd reckte sie das Kinn hervor.
Habt Ihr seine Worte nicht gehört? Er wird schon zurecht kommen, er ist erfahren und hätte uns nicht fort geschickt wenn er nicht glauben würde die Situation unter Kontrolle bringen zu können.“
„Zurecht kommen? Die Situation unter Kontrolle bringen? Was ist los mit dir Xii?! Wir standen einer Hexenmeisterin gegenüber die ihre Seele verkauft hat, dazu noch ein Rudel Faulvaruls. Er kam aus dem Nichts und soll die Situation richtig eingeschätzt haben wenn er denkt er schafft das allein? Bist du auf den Kopf gefallen?“
Wenn wir nicht in der Nähe sind kann er seinen Kräften freien Lauf lassen, wir wären nur hinderlich gewesen.“
Lillys zierliche Hände ballten sich zu Fäusten, vor Wut und Verzweiflung begannen sie zu zittern, Tränen bildeten sich in ihren Augenwinkeln. Sie war so aufgebracht das sie sich auf die Unterlippe beißen musste um die Ruhe zu bewahren.
Philipp hatte sie noch nie so gesehen, dieser Ooku musste ihr viel bedeuten. Unruhig leckte er sich über die Unterlippe und trat zwischen die beiden, für ihm hatte es in den letzten Tagen schon genug Streitereien gegeben.
Beruhigt euch, wir sollten einen kühlen Kopf bewahren und zusehen das wir hier weg kommen.“
Wie auf Kommando drehten beide ihren Kopf zu ihm und zeterten aus einem Mund: NEIN!
Ohne ein weiteres Wort ging er lieber auf Sicherheitsabstand. Bei erhitzten Frauengemütern zog man sich besser direkt zurück, vor allem wenn es durchgeknallte Wesen aus einer anderen Welt waren die Freundschaften mit riesigen Insekten schlossen.
Zu seiner Rettung durchdrang die Luft ein summender Laut und über ihnen zog ein Schatten über den Himmel.
Uri setzte zur Landung an. Doch dieses Mal trug er einen Passagier auf seinem Rücken der sich an den beiden Fühlern festhielt und sie wie eine Art Lenkung nutzte.
Ooku!“ Der Ellydre rutschte von Uris Rücken, kaum das dieser auf dem Boden aufgesetzt hatte. Seine Hand drückte auf eine Wunde an seinem Unterbauch, an seinen Fingern klebte frisches Blut, und auch sonst hatte er einige Schrammen und Schnittwunden davon getragen.

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