Fachidiot 4. Kapitel Teil 5

Nachdem Xii Lilly von sich geschoben hatte und mehrmals unterstreichen musste das es ihr gut ging, sprang Lilly auf und begrüßte ihren Freund mit einer überschwänglichen Umarmung.
Kannst du mir einen Gefallen tun? Dich in nächster Zeit vielleicht etwas weniger gefangen nehmen lassen?“
Das Gesicht hatte Lilly in Philipps Halsbeuge vergraben und kicherte leise bei seiner Bitte.
Versprochen. Zumindest gebe ich mir Mühe.“
Mit einem Grinsen, das über sein gesamtes Gesicht ging, betrachtete Mervan wie der dürre Kerl, für Schattenelfenverhältnisse, unbeholfen die Umarmung erwiderte. Langsam ging er in die Hocke, die Hand ausstreckend um Xii beim Aufstehen behilflich zu sein. Statt die Hilfe anzunehmen schlug Xii die Hand fort und warf dem Fremden einen Blick zu der töten könnte. Mühsam kam sie allein wieder auf die Beine und zeigte nicht das ihr Gesicht vor Schmerz brannte wo er sie geschlagen hatte.
Mervan seufzte laut, legte den Kopf leicht schief und stemmte die freie Hand in die Hüfte.
Ganz ehrlich, es tut mir leid. Aber vor Magie habe ich Respekt. In unserem Volk... ist sie ein zweischneidiges Schwert.“
Xii ignorierte den Elfen und blickte Lilly entgegen die Philipp an einer Hand hinter sich her zog.
Seid nett zueinander. Mervan hat mich gerettet! Diese Menschen waren nicht sehr freundlich zu mir.“
Ja, und ich wüsste gerne wieso ein Dunkler Schlächter sich da eingemischt hat und Euch rettete.“
Xiis eisblaue Augen bohrten sich misstrauisch in Mervan, als wollte sie die Gedanken hinter seiner Stirn lesen. Diesem verging sein Lächeln und er verdrehte genervt die Augen.
Dunkle Schlächter. So vieles verliert sich mit den Jahrhunderten, aber dieser nette Titel für unser Volk scheint sich bis in alle Ewigkeit etabliert zu haben.“
Nach einem tiefen Atemzug fand er wieder zu völliger Entspanntheit zurück und schmunzelte Xii amüsiert an.
Eure Skepsis kann ich nachvollziehen, aber seid beruhigt, es geschah ohne Hintergedanken. Lilly befand sich meiner Meinung nach grundlos in Gefangenschaft. Gegen solche Maßnahmen hege ich großen Groll.“
Woher wusstet Ihr das sie in dem Lager gefangen war?“ Xii verengte misstrauisch die Augen.
Nachdem ich die Faulvaruls beseitigt hatte die den Kleinen hier verfolgten, hörte ich wütende Schreie und ging dem auf den Grund. Ich sah aus der Ferne wie Ihr vor den Soldaten floht und sie den Menschen gefangen nahmen.
Neugierig wie ich bin stattete ich dem Lager einen Besuch ab und entnahm dem Getuschel der Soldaten das sie eine Ellydre gefangen hatten, und wie der Kleine hier immer wieder besorgt zu ihrem Zelt sah.“
„Mein Name ist Philipp.“ Murrte dieser gekränkt.
Entschuldige. Also habe ich Eins und Eins zusammen gezählt und dachte mir das ihr drei zusammen gehört und ihr sie befreien wolltet. In der Nacht verließ ich das Lager als ich merkte das Ihr es auskundschaftet.“ Er deutete auf Xii. Sie schien nicht erfreut darüber das er sie gesehen hatte.
Ich wollte nicht dazwischen stehen wenn ihr angreift, ich muss noch wichtige Gespräche mit dem König führen. Es wäre eine schlechte Grundlage gewesen wenn ich seine Soldaten verprügle.“
Moment mal, aber du bist zurück gekommen um Lilly zu retten, aber mich nicht? Was hätte das für einen Sinn?“ Nun funkelte auch Philipp ihn wütend an. Mervan seufzte aufgrund von so viel Begriffsstutzigkeit.
Nun gut. Denkt mal nach. So war ich aus dem Schneider. Hätte ich dich auch befreit, wüssten Brockler und seine Männer auf jeden Fall das ich da mit drin hänge. Da aber Xii Stunden nachdem ich fort war, dich rettete und versuchte auch Lilly zu retten, fällt kein Verdacht auf mich.
Lilly habe ich einfach schon zuvor befreit und die vier Wachen an ihrem Zelt ausgeschaltet weil ich neugierig war.
Da die meisten in dem Lager schon schliefen dachte ich mir, ihr Fehlen fällt keinem so schnell auf.“
Neugierig?“ Philipp starrte zu Lilly und wieder zurück zu Mervan der wieder über das ganze Gesicht grinste und die Schultern hoch zog.
Hey! Ellydren gelten seit Jahrzehnten als ausgestorben! Wer lässt sich da entgehen eine Überlebende dieses wunderbaren Volkes kennen zu lernen. Ich habe viel über sie in meiner Jugend gelesen und war fasziniert.“
Seine Worte nahmen Xii nicht wirklich das Misstrauen, aber so wie Lilly ihn mit ihren Blicken anhimmelte musste sie das erst einmal so akzeptieren. Außerdem musste sie eingestehen das seine Worte einen gewissen Sinn ergaben, so wie er sie erzählte, und sein Plan war auch noch aufgegangen. Feste packte sie ihre Freundin am Oberarm und zog sie an sich heran.
Grimmig betrachtete sie den Bindungsring um den Hals der Ellydre.
Wir müssen noch Morendras holen, in dem Zelt wo sie Euch gefangen hielten habe ich ihn nicht gesehen. Wisst ihr wo sie ihn versteckt halten? Ich gehe allein zurück und werde ihn unbemerkt holen.“
Xii gefiel ganz und gar nicht wie die Farbe aus Lillys Gesicht wich und sie nicht mehr in der Lage war ihr in die Augen zu sehen. So fest, das sie Blut schmeckte, biss sich Xii auf die Unterlippe und Flüsterte leise. Das tat sie immer wenn ihre Wut den höchsten Punkt erreicht hatte, denn Schreien mochte sie nicht gern, aber ihr war nun mehr als je zuvor danach.
Lilly. Wo ist Morendras?“
Das war ganz komisch weißt du...“
Lillaraya. Wo ist Morendras?“
Faulvaruls haben mich angegriffen, ich konnte einen von ihnen ausschalten, aber dann umzingelten sie mich. Ein anderer schnappte sich Morendras und erwischte mich mit seinem Schwanz. Mir wurde von dem Hieb schwarz vor Augen.“
Lilly traute sich ganz vorsichtig den Blick wieder zu heben und schluckte laut als sie sah das Xiis rechtes Augenlid nervös zuckte. Fast kamen ihr die Tränen so fest bohrten sich die Finger ihrer Leibwache und Freundin in ihren Oberarm.
Die Faulvaruls haben ihn mitgenommen? Unmöglich. Das entspricht keinerlei Logik. Faulvaruls sind Geschöpfe der Unterwelt, sie sind von dem primitiven Bedürfnis getrieben zu töten. Sie verfolgen keine Pläne! Sie hätten gar keinen Nutzen davon Morendras mit sich zu nehmen!“
Ein dunkles Brummen folgte ihren Worten und Mervan kratzte sich nachdenklich am Kinn.
Vielleicht hat sie jemand dazu beauftragt?! Wie ihr schon sagtet, sie sind Kreaturen der Unterwelt, was wenn jemand sie gerufen hat, und sie kontrolliert? Ein Hexenmeister könnte vielleicht dazu in der Lage sein.“
Redet keinen Unsinn! Warum sollte ein Hexenmeister Interesse an Morendras haben? Nur Ellydren können seine Magie beschwören, für jeden Anderen ist er nutzlos. Außerdem war unsere Ankunft hier sehr spontan, davon konnte niemand etwas wissen.“
Mervan hob abwehrend eine Hand als Xii ihn anfauchte und seine Mutmaßungen in den Wind jagte, er beschloss sich da besser heraus zu halten. Bei der Gelegenheit fiel ihm auf das der Menschen Jüngling sich kaum noch auf den Beinen halten konnte und reichte ihm einen Wasserschlauch den er an seinem Reiserucksack befestigt hatte.
Dankbar riss Philipp ihm den Schlauch aus den Händen und leerte ihn mit einem Zug, anerkennend nickte der Elf langsam mit dem Kopf, wenn der Kleine einen Krug Met ebenso schnell leeren konnte, würde es sicher belustigend sein mit ihm einen heben zu gehen. Das laute Fluchen von Xii riss ihn aus seinen Gedanken.
Wir müssen diese Faulvaruls finden, schnell, bevor ich ihre Spur nicht mehr wahr nehmen kann. Gehen wir zurück zu der Stelle wo sie dich überfallen haben. Erst aber müssen wir diesen Bindungsring los werden, wenn wir auf ein ganzes Rudel von ihnen stoßen kann ich es nicht mit allen auf einmal aufnehmen und noch auf euch beide aufpassen.“
Lilly verzog bitter den Mund und fuhr mit den Fingerspitzen über den goldenen Ring um ihren Hals, schon mehrmals hatte sie versucht den Schnappverschluss zu öffnen, es war hoffnungslos. Ein Bindungsring ließ sich immer nur von dem passenden Schlüssel öffnen, es gab keinen anderen Weg.
Unter einem geknickten Senken ihres Kopfes seufzte sie leise.
Die Männer haben über den Schlüssel gesprochen, er befindet sich in der Stadt Algarafiell, zwei Tagesmärsche fort von hier. Dazu noch im Süden, die Faulvaruls aber sind gen Norden gelaufen.“
Nach Algarafiell bin ich unterwegs, Friedensverträge erneuern. Ich könnte sicher genug in Erfahrung bringen um den Schlüssel für euch zu finden.“ Alle sahen überrascht zu dem Schattenelfen auf, hinter jeder Stirn konnte man förmlich das Rattern vernehmen. Xii fuhr sich mit beiden Händen in ihr schwarzes Haar und schloss die Augen, was sollte sie tun?
Nein! Wir haben keine Zeit, wir verfolgen die Varuls. Dann müssen wir eben später den Schlüssel holen. Wer weiß in wessen Hände Morendras sonst gelangen könnte.“
Xii biss sich auf die Unterlippe schloss für einen Moment die Augen, ehe sie zu dem Elfen aufblickte.
Mervan. Ich traue euch nach wie vor nicht, ihr tragt keinen Nutzen aus der Hilfe die ihr bisher geleistet habt. Dennoch möchte ich Euch inständigst bitten... begleitet uns. Wir brauchen Eure Hilfe.“
Philipp klappte die Kinnlade hinunter, das Xii einmal einen anderen um Hilfe beten würde war so abwegig für ihn gewesen wie auf einem anderen Planeten zu landen. Dies schien eine Zeit der Wunder, in der absolut nichts mehr unmöglich war.
Mervan nickte ohne zu zögern und wollte sich zu Wort melden als Lilly ihm ihre Hand auf den kalten Stahl seines Brustpanzers legte.
Nein.“ Ihre Worte sorgten für die nächste Welle der Überraschung, erneut begann das untere Augenlid von Xii zu zucken, ein Hauch von Mordlust lag in der lauwarmen Sommernacht.
Ihr habt eine Mission von größter Wichtigkeit vor Euch! Das dürfen wir nicht behindern. Jeder der den Frieden bewahren möchte, sollte auf seinem Weg nicht aufgehalten werden. Bitte erfüllt Euren Auftrag!“
Mervan riss die Brauen in die Höhe, ihm war, nach dem was im Lager geschehen war, und nach dem Disput mit Kommandant Brockler, klar das er am besten noch vor dem Trupp in Algarafiell ankam. Wer weiß was die Soldaten bis dahin gegen sein Ankommen ausrichten könnten, aber diese kleine Gruppe schien in ernster Not zu sein den verlorenen Gegenstand wiederzufinden. Zudem erwarteten sie ein Rudel Faulvaruls, und wer wusste was sonst noch.
Für ihn war es gar keine Frage welche Mission größeres Gewicht hatte. Lilly schien seine Gedanken zu erahnen.
Keine Widerrede. Ihr scheint mir ein Mann von Ehre, die Bitte einer Dame könnt ihr doch nicht ablehnen!
Wenn ihr uns helfen wollt, hätte ich eine andere Bitte an Euch!“ Sie legte beide Handinnenflächen aneinander.
„Die da wäre?“
Entfernt mir diesen Halsring. Diese Rüstung verbirgt unverkennbar einen muskulösen Körper! Die Stärke von euch Schattenelfen ist legendär und überall bekannt. Wenn es einer schaffen könnte dann ihr! Bitte versucht es zumindest!“
Irgendwie missfiel Philipp ihre Bitte und er musterte den großgewachsenen Elfen neben sich finster, ja es war keine Frage das er ziemlich muskulös zu sein schien, aber was fanden Frauen daran einmal so toll? Der Sympathiewert gegenüber Mervan landete abrupt im Keller.
Diesem schien ihre Bitte ebenso merkwürdig zu erscheinen, schließlich musste er aber doch leise lachen und zwinkerte Lilly sogar zu.
Zuerst sollte ich Euch wohl für das Kompliment danken. Dennoch kann ich Euch versichern das nichts einen Bindungsring öffnen kann, außer der entsprechende Schlüssel, dagegen hilft auch keine Muskelkraft. Ein Versuch kann allerdings nicht schaden. Vielleicht gelingt es mir ja doch, und ich kann vor meinem König gewaltig angeben.“
Lilly kicherte amüsiert, außer ihr schien niemand gerade genug Humor zu besitzen um sich dem Lachen anzuschließen.
Hier, halte das mal Kleiner.“ Murrend nahm Philipp die Laterne entgegen die ihm der Elf in die Hand drückte.
Mit Daumen und Zeigefinger fuhr Mervan den Rand des Ringes entlang und versuchte seine Hand darum zu schließen.
Seine Finger passten nicht in den schmalen Spalt zwischen Metall und dem Hals von Lilly, also streifte er sich seine Handschuhe ab und warf sie in das weiche Moos zu seinen Füßen. Philipp konnte die leichte Erschütterung spüren und betrachtete die Handschuhe skeptisch. Mit seinem Fuß versuchte er einen davon zu verschieben, aber er hatte mehr das Gefühl seine Fußspitze gegen einen Felsen zu drücken als gegen einen Handschuh.
Mit großen Augen ging er in die Hocke und versuchte den Handschuh anzuheben, doch das Gewicht war so enorm das er ihn nicht einmal einen Zentimeter hoch bekam. Mervan begann zu lachen.
Das ist Schwarzstahl, Kleiner. Er entstammt einem Erz das nur in meiner Heimat vorkommt, und unserem Volk vorenthalten ist. Aus gutem Grund wie mir scheint.“
Philipp starrte den Handschuh ehrfürchtig an, er verstand immer besser wieso die Menschen und Xii diesem Elfen mit Vorsicht entgegen getreten waren. Er wollte sich nicht vorstellen was dieser Kerl mit seinen Händen anrichten könnte.
Mervan ließ seine Finger laut knacken und umfasste den massiven Goldring mit beiden Händen und drehte den Schnappverschluss mittig dazwischen. „Dann wollen wir mal.“
Lilly lächelte ihn an und war voller Zuversicht dass dieses Unterfangen sicher die Früchte des Erfolges tragen würde.
Der Schattenelf atmete tief durch und spannte seine Muskeln an, dann begann er kräftig an den Enden des Ringes zu ziehen.
Schnaufend kapituliere er als der Ring nicht einmal die kleinsten Anzeichen machte sich zu verformen.
Er wollte seine Finger heraus ziehen um sie vor einem zweiten Versuch zu strecken, doch er bekam sie nicht mehr frei, irgendwas stimmte nicht.
Lilly umfasste seine beiden Handgelenke und riss ihre Augen weit auf, er konnte die aufkommende Panik darin erkennen bevor auch er es spürte. Der Bindungsring zog sich zusammen.
Sofort versuchte er erneut den Ring auseinander zu ziehen, doch auch dieses Mal geschah nichts.
Aus Lillys Kehle drang ein Röcheln und ihre Knie begannen zu zittern, hätte Mervan versucht seine Finger zurück zu ziehen, es wäre ihm nicht gelungen, sie waren eingeklemmt zwischen Metall und dem Hals der Ellydre. Doch Mervan dachte nicht einmal daran, er versuchte noch immer den Ring auseinander zu drücken.
Was ist los? Nimm deine Hände von ihr!“ Xii hob ihre Arme in die Luft und um ihre Klauen entflammte wieder Feuer.
Xii nein! Irgendwas stimmt nicht.“
Philipp hob eine Hand und stellte sich Xii in den Weg bevor sie die Feuerbälle auf den Elfen schleudern konnte.
Auf Mervans Stirn bildeten sich kleine Schweißperlen und er presste die Worte angestrengt zwischen seinen Zähnen hervor.
Der Ring! Er zieht sich zusammen! Es scheint ein Schutzmechanismus zu sein! Ich kann ihn nicht aufhalten.“
Lillys Knie zitterten kraftlos, ihr Gesicht nahm bereits eine bläuliche Farbe an.
Nein! Nein! Nein!“ Xii versuchte ebenfalls ihre Finger um den Ring zu legen, aber er hatte sich schon zu fest zusammen gezogen, Tränen schossen ihr in die Augen. Sie konnte doch nicht mitansehen wie ihre Freundin starb!
Auch Philipp umrundete die drei panisch, er wusste nicht wie er helfen sollte.
Das Knirschen von Mervans Zähnen war deutlich zu hören und eine Ader pulsierte auf seiner Stirn. Die Muskeln seines gesamten Körpers begannen vor Anstrengung zu zittern, das Gefühl in seinen Fingern hatte er längst verloren.
Ein dunkler Schrei durchdrang die Nacht als er all seine Kraft in einen letzten Versuch mobilisierte.
Als hätten alle Götter die in den letzten Augenblicken angerufen wurden, die Hände von den Ohren genommen, geschah das erhoffte Wunder keine Sekunde zu spät. Grelle Blitze stoben auseinander als der massive Bindungsring zerbarst.
Lilly fiel in die Arme ihrer Leibwache und ging hustend und japsend zu Boden, Philipp stürzte neben ihr auf die Knie und sah erleichtert zu wie die Farbe in ihr Gesicht zurück kehrte.
Auch Mervan sank erschöpft hinab und versuchte seine Finger vergebens zu strecken, eine Schweißperle tropfte von seinem Kinn. Er hob den Blick als vor ihm ein grünes Licht erschien. Der Körper der jungen Frau glühte auf und merkwürdige Wucherungen bildeten sich auf ihrer Stirn. Dort wo die ersten Haare sprossen. Erstaunt sah er zu wie sie zu Ästen heranwuchsen an denen sich kleine Blätter bildeten.
Du dämliche Närrin! Die Borkenkäfer sollen dich holen! Hör doch einmal im Leben auf das was ich sage!“
Noch immer japste Lilly nach Luft, aber bei den Worten von Xii musste sie kurz Lachen, das rasch von einem Husten erstickt wurde. Ihre Stimme war nicht mehr als ein raues Krächzen.
Ist doch alles gut gegangen...“
Es fiel Lilly nicht leicht sich aus dem Klammergriff von Xii zu befreien, aber ihr Dickkopf gewann abermals. Sie lächelte Mervan dankbar an und nahm seine beiden Hände in die ihren.
Der Segen unserer Mutter Morendras soll ewiglich über euch liegen Mervan Yarveal. Ihr habt mein Leben gerettet. Wusste ich doch das ich Euch und euren Muskeln vertrauen konnte.“
Ihr herzliches Lächeln schien sein Herz zu erwärmen, zumindest fühlte es sich wirklich so an. Plötzlich spürte er wie das Gefühl in seine Hände zurück kehrte und seine Finger sich ohne Probleme wieder bewegen ließen. Ein breites Grinsen überzog seine Züge. „Dabei dachte ich heute Mittag noch das würde wieder einer dieser langweiligen Tage werden.“

Es bedurfte noch vieler Worte die mit Nachdruck gesprochen wurden um Mervan schließlich davon zu überzeugen sie nicht auf ihrem Weg zu begleiten. Philipp war der einzige der diesen Entschluss zu bedauern schien, auch wenn es ihm nicht gefallen hatte dass er ihn immer „Kleiner“ nannte, war er ihm für alles was er getan hatte äußerst dankbar. Wer weiß was diese Soldaten sonst mit ihm gemacht hätten.
Lilly empfand noch immer das er sich von seiner wichtige Mission nicht abbringen lassen sollte, wenn auch Mervan immer wieder erklärte das diese freundschaftliche Beziehung zu dem Königreich Nawenn für die Schattenelfen nicht von solch enormer Wichtigkeit war. Man wollte einfach nur die bequemen Handelsrouten pflegen. Die Ellydre aber sah mehr dahinter, ohne zu ahnen das sie Recht hatte, und Xii wäre am liebsten sowieso anscheinend allein weiter gereist, nachdem Lilly außer Lebensgefahr war, verfiel sie wieder in ihre notorisch schlechte Laune.
Mutig reichte Philipp dem Elfen zum Abschied die Hand, er bereute es zugleich, ertrug es dennoch wie ein heranwachsender Mann. Der Händedruck war so fest das er noch am nächsten Tag etwas davon haben würde.
Pass gut auf deine Freundin auf Kleiner. Eine Frage hätte ich allerdings noch.“
Mervan beugte sich hinab und nahm den Zipper von Philipps Sweatjacke zwischen zwei Finger und grinste ihn breit an. Der Blick seiner goldgelben Augen jagte ihm noch immer einen kalten Schauer über den Rücken.
Du kommst nicht wirklich aus diesem Buxtehude oder?“
Nein. Aber du... ich meine Ihr würdet mir niemals die Wahrheit glauben.“
Der Elf schmunzelte amüsiert und ließ anschließend die herzliche Verabschiedung von Lilly über sich ergehen. Ihre Begegnung war von kurzer Dauer gewesen, in seinem Leben war er schon auf einige Personen gestoßen die ihm lange im Gedächtnis blieben, aber er würde diese kleine merkwürdige Gruppe niemals vergessen.
Er blickte ihnen nach bis sie selbst für ihn im dunklen Dickicht der Wälder nicht mehr zu sehen waren. Mervan schüttelte langsam den Kopf und machte sich selbst auf den Weg.

Als Lilly endlich aufgehört hatte sich ständig umzudrehen und energisch zu Winken, blieb Xii stehen und blickte über ihre Schulter hinweg zu Philipp.
Ehe ich es vergesse. Für einen Menschen hast du dich heute in dem Zelt gar nicht so nutzlos angestellt.“
Alles hätte Philipp erwartet, aber wahrlich kein Lob von ihr. Zumindest hielt er es für eines.
Danke für deine äußerst herzlichen Worte. Mir geht das Herz auf.“
Eigentlich war er ganz froh das Xii ihre folgenden Worte so leise murmelte das er es nicht verstand. Plötzlich wurde ihr Körper in einen bläulichen Dunst gehüllt und ihre Statur verformte sich. Nur einen Augenblick später stand sie in der Gestalt eines viel zu großen Fuchses vor ihnen und schüttelte ihr rostrotes Fell.
Lilly, du hast deine Kräfte wieder, und wir haben keine Zeit zu verlieren. Ich werde an dem Ort wo die Faulvaruls dich angegriffen haben ihre Spur aufnehmen und dort wieder zu euch stoßen wenn ihr dort ankommt.“
Nachdem Lilly ihr zugenickt hatte, sprintete die Füchsin schnell wie der Wind davon und war im Nu verschwunden. Neben Philipp war ein lauter Seufzer zu hören.
Xii ist stinksauer auf mich. Sonst würde sie mich nicht mit dir allein lassen. Kaum wenige Minuten weicht sie mir sonst von der Seite.“
Vielleicht liegt es daran das du es geschafft hast in nicht mal einem Tag deinen Stab wiederzufinden und gleich wieder zu verlieren. Dazu hätte dich anschließend irgendein magischer Halsring beinah erdrosselt.“
Sogleich spürte er ihren grimmigen Blick auf sich ruhen. Unbeholfen kratzte er sich am Kopf und sprach rasch weiter. „Im Übrigen wäre ich auch ganz froh wenn du dich zur Abwechslung mal nicht gefangen nehmen lassen würdest. Langsam wird es lästig. Außerdem bin ich nicht nur des Rennens müde, und wo wir beim Thema sind, ich könnte ein wenig Schlaf vertragen.“
Verwundert sah er hinunter zu seiner Hand, denn Lillys Finger schlossen sich sanft darum. Es gefiel ihm nicht wie sie ihn anlächelte, und das er sich alles andere als unwohl dabei fühlte. Mit grimmiger Entschlossenheit blickte er wieder nach vorn, doch ein Zerren an seiner Hand brachte ihn abrupt zum stehen. Bevor er auf irgendwas reagieren konnte, stellte sich Lilly auf die Zehenspitzen und küsste seine Wange.
Wa- Was soll das denn?“
Ein Dankeschön das du dich in Gefahr gebracht hast um mich zu retten. Du musst großes vollbracht haben wenn Xii dir gegenüber ein Lob ausspricht. Das weiß ich wirklich zu schätzen.
Ich verspreche dir auch das wir so schnell wie möglich einen Weg finden werden dich nach Hause zu schicken, sobald wir Morendras wiedergefunden haben.“
Das er sie aus weit aufgerissenen Augen anstarrte brachte sie zum Grübeln, nachdenklich legte sie einen Finger an ihre Lippen. Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
Oh! Das war nicht höflich genug, richtig?“ Eilig stellte sie sich wieder auf die Zehenspitzen und spitzte die Lippen als sie seinen näher kam. In letzter Sekunde erwachte Philipp aus seiner Starre und bedeckte ihren Mund mit seiner Hand und drückte sie energisch fort. „Hey! Hör auf damit. Was ist denn los mit dir?“
Verwundert blinzelte sie ihn an und legte den Kopf leicht schief.
Ich wollte mich bedanken und meine Zuneigung dir gegenüber ausdrücken. Das war doch richtig oder etwa nicht? Im Krankenhaus hast du dich doch schließlich auf selbe Weise bei mir bedankt.“
Grob zerrte er sie hinter sich her als er mit großen Schritten wieder los marschierte, er senkte die kleine Laterne die er in der anderen Hand hielt ein Stück damit sie nicht erkennen konnte wie rot sein Gesicht wurde.
Das war ein Versehen! Aus dem Affekt heraus! Das hatte gar nichts zu bedeuten. Vergiss das am besten wieder, und hör endlich auf so zu kichern!“
Aber es ist witzig wie du versuchst wütend zu sein, es aber eigentlich gar nicht bist. Das merke ich daran das deine Stimme etwas schwankt.“
Grob blaffte Philipp sie noch eine Weile lang an während er sie hinter sich her zog, sie dachte nicht einmal daran das Kichern einzustellen. Mit ihrer Hand betastete sie ihren Hals, der ihr noch immer starke Schmerzen bereitete, dennoch war sie einfach nur glücklich in diesem Moment neben ihm her gehen zu können. Fast hätte sie diesen Augenblick nicht mehr erleben können.

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