„Verflucht,
was hat das zu bedeuten?“
Philipp
suchte hektisch das Zelt ab, doch von Lilly war weit und breit nichts
zu sehen. Es war verlassen. Nur eine kleine Pritsche stand in einer
Ecke, unter der ihn etwas anfunkelte.
Der
Nerd ging in die Hocke und zog eine stämmige Kette hervor, die ganz
offensichtlich dafür gedient hatte jemanden an diesem Ort gefangen
zu halten, denn das zweite Ende war tief im Boden verankert.
Hinter
ihm stieß Xii einen leisen Fluch aus, sie hätte ahnen können das
auf die Aussagen dieses Menschen kein Verlass war.
Ihre
Ohren zuckten ehe sie zu dem Zelteingang herumwirbelte, im nächsten
Augenblick wurde die Plane zur Seite gestoßen und eine handvoll
Schwertspitzen deuteten auf ihr Gesicht.
„Wisst
ihr nun wieso ich euch die Köpfe hätte abschlagen sollen, als ihr
diese verfluchte Janama habt entkommen lassen? Ich wusste sie würde
wieder kommen!“
Kommandant
Brocklers Stimme donnerte hinter den bewaffneten Soldaten durch die
Luft bevor er mit einer Fackel in der einen Hand, und einem
Kurzschwert in der anderen das Zelt betrat und sich in die erste
Reihe durch schob.
„Eine
falsche Bewegung und ich schwöre dir, diese Schwerter werden dich
durchbohren bevor du auch nur einen Finger rühren kannst! Du Hexe!“
Brocklers
Blick huschte hektisch durch das Innere des Zeltes, seine Zähne
blitzen auf als er die Oberlippe hoch zog und wütend knurrte.
„Wo
ist sie?! Verdammt noch eins!“
Xii wich einen Schritt zurück als der Kommandant seine Schwertspitze hob und direkt zwischen ihre Augen zielte. Kleine Speicheltropfen regneten umher als er vor Wut die Eindringlinge anbrüllte.
Xii wich einen Schritt zurück als der Kommandant seine Schwertspitze hob und direkt zwischen ihre Augen zielte. Kleine Speicheltropfen regneten umher als er vor Wut die Eindringlinge anbrüllte.
„Und
was zum Henker habt ihr mit meinen Soldaten gemacht!?“
Auf
Xiis Gesicht spiegelte sich für einen kurzen Augenblick Überraschung
wieder, schnell aber wich es einem dunklen Grinsen, noch immer
glimmte ein schwaches blaues Licht um ihre erhobene Hand.
„Das
werde ich euch mit Sicherheit nicht verraten.“
Kaum
hatte die letzte Silbe ihre Lippen verlassen duckte sie sich
blitzschnell unter seinem Schwert hindurch und stieß ihre Hand mit
dem magischen Licht nach vorn, sie war Brockler so nah das ihre
Finger fast seinen Brustpanzer berührten.
Eine
Druckwelle aus blauem Feuer breitete sich aus, fegte den Kommandanten
nach hinten, und riss einige seiner Männer mit zu Boden. Die Wände
des Zeltes schwankten so sehr das Philipp befürchtete es würde
gleich über ihnen einstürzen.
Die
Benommenheit der Soldaten dauerte nur wenige Sekunden, genug das Xii
ihre beiden Hände in das blaue Feuer hüllen konnte.
„Kommt
her und ich brenne euch das Fleisch von den Knochen!“
Unsicher
kamen die Männer ins stocken, es war ihnen anzusehen welche Angst
ihnen die Magie bereitete, viele wichen ein Stück zurück doch
Brockler, der sich endlich wieder aufgerappelt hatte schob sie
energisch nach vorn und brüllte über ihre Köpfe hinweg.
„Tötet
diese Hexe oder ich schwöre euch, ich werde euch schlimmeres antun
als sie!“
Unter
einem Kampfschrei, der ihnen Mut verleihen sollte, stoben die Männer
nach vorn und attackierten Xii.
Leise
fluchend wich sie den Schwertern aus, Philipp spürte das sie
irgendwas zu hemmen schien, das sie ihre Drohung gerne in die Tat
umsetzen wollte, es aber nicht konnte.
Der
geringe Platz in dem Zelt trieb sie schnell in die Enge, doch noch
war es niemandem gelungen ihr bedrohlich nahe zu kommen. Als Xii die
Plane an ihrer Schwanzspitze spürte stieß sie einen Schrei aus und
zeigte ihre spitzen Eckzähne. Die Soldaten hielten inne vor Schreck,
sie rechneten jeden Moment damit das die Magie der Hexe sie traf.
Lange mussten die Männer nicht warten.
Xii
nutzte die Gelegenheit aus und machte eine schnelle Bewegung nach
vorn, ihre Fingerspitzen berührten nur für Sekunden die Klingen
ihrer Gegner. Bevor sie wussten wie ihnen geschah, glühten ihre
Waffen auf und sie ließen sie unter Schmerzensschreien fallen. Noch
einen weiteren Soldaten konnte sie so außer Gefecht setzen bevor die
Restlichen ihre Absicht durchschauten. Einer der Krieger, der sich
seine schmerzende Hand hielt, trat mit seinem Stiefel nach ihr und
erwischte sie beim Ausweichen noch an ihrem Knie. Xii knickte ein und
konnte einer herannahenden Attacke nicht mehr ausweichen. Blut floss
an ihrem Arm hinab und tropfte zäh zu Boden. Zischend wich sie
zurück bis die Zeltwand hinter ihr sie ausbremste. Die Klinge hatte
ihren Arm nur gestreift, aber einen tiefen Schnitt im Fleisch
hinterlassen.
Feste
biss sie sich auf die Unterlippe, sie wusste, wenn sie überleben
wollte, musste sie ihr Versprechen brechen. Zwischen den Männern
hindurch sah sie das breite und gehässige Grinsen des Kommandanten,
der noch keinen Finger gerührt hatte. Ihr war klar wieso, er
fürchtete sich vor ihrer Magie.
Niemand
hatte auch nur einen Augenblick auf Philipp geachtet der wie eine
Salzsäule erstarrt noch immer am Boden kauerte. Seine Gedanken
überschlugen sich, in den Computerspielen mit denen er seinen Alltag
vertrödelte, hatte er unzählige Helden gespielt, Krieger, Magier,
welche die schrecklichsten Kreaturen erschlagen hatten. Nun kroch er
wie eine feige Made hier im Dreck herum während jemand anders in Not
war.
Sein
Blick richtete sich auf das Schwert das vor ihm auf dem Boden lag. Er
zählte durch, neben dem Kommandanten befanden sich sieben Soldaten
in dem kleinen Zelt, alle fixierten sich auf Xii.
Philipp
nahm all seinen Mut zusammen und schnappte sich den Griff des
Schwertes, es war weitaus schwerer als er es vermutet hatte.
Versagen
stand außer Frage, Xii war in Gefahr, und wer wusste schon was mit
Lilly geschehen war, vielleicht brauchte sie Hilfe. All seine Kraft
zusammen nehmend machte er zwei große Schritte und befand sich
hinter dem stämmigen Rücken von Brockler.
„Halt!
Oder euer Kommandant braucht einen neuen Kopf!“
Nicht
nur Brockler riss erschrocken die Augen auf, auch die Soldaten
wandten sich erstaunt herum, selbst Xii suchte den Blickkontakt und
konnte kaum glauben was sie sah.
Philipp
hielt das Schwert vor Brockler mit beiden Händen hoch, nur wenige
Millimeter von seiner Kehle entfernt. Der Erdenbewohner war einen
halben Kopf größer, war jedoch kaum hinter dem breiten Kreuz des
Kommandanten zu erkennen.
Mit
aller Mühe verhinderte er das seine Arme vor Anstrengung zitterten.
„Geht
weg von ihr! Sofort!“
Keiner
rührte sich, bis Brockler seine Fassung wieder fand und vor Wut rot
anlief, wegen diesem schmächtigen Kerl mit der Statur eines Weibes
verlor er vor seinen Männer das Gesicht. Nein, nicht ein Kommandant
Gustav Brockler.
Mit
Wucht rammte er dem Jungen seinen Ellenbogen in die Magengrube,
sofort fiel das Schwert vor ihm zu Boden.
Würgend
und keuchend vor Schmerzen stolperte Philipp einen großen Schritt
zurück, er schmeckte bittere Galle, sein Verstand war ganz benebelt.
„Du
kleine Made! Ich werde dich...“,hinter ihm brach plötzlich die
Hölle los.
Soldaten
brüllten durcheinander und als Brockler sich zu ihnen herum drehte,
lagen bereits zwei seiner Männer am Boden.
Xii
saß regungslos da und blickte starr geradeaus, er konnte nicht sagen
ob ihre Augen die Farbe von Weiß angenommen hatten, oder ob sie so
weit nach hinten gedreht waren das von ihrer Iris nichts mehr zu
sehen war.
Ein
anderes Detail aber verstörte ihn am meisten, einer seiner Soldaten
schlug einen weiteren nieder, zögerte nicht lange und griff direkt
den nächsten an. Einer nach dem anderen ging ohnmächtig zu Boden,
so hart und präzise waren seine Faustschläge.
Seine
Kumpanen wussten gar nicht wie ihnen geschah, da lag auch der letzte
am Boden. Nun war Brockler an der Reihe.
In
den Augen seines Untergeordneten sah er nicht die gewohnte Farbe,
sondern das helle Eisblau wie er es zuvor in den Augen der Hexe
gesehen hatte.
„Du
Bestie! Ich werde deinem Treiben ein Ende machen!“
Der
Kommandant machte einen Satz nach vorn und hob eines, der am Boden
liegenden, Schwerter auf. Doch noch bevor er es gegen seinen eigenen
Soldaten schwingen konnte, bekam er einen kräftigen Stoß in den
Rücken.
Philipp
hatte seine letzten Kräfte mobilisiert und Brockler aus dem
Gleichgewicht gebracht. Bevor er sich zur Rache einen Faustschlag
einfangen konnte, hatte der Soldat ihn erreicht und schlug ihn
nieder.
Das
letzte was Brockler wahr nahm, war der Geschmack des Staubes als es
sich seine rechte Gesichtshälfte auf dem Boden bequem machte und die
Ohnmacht ihn in einen tiefen Schlaf zog.
Die
Farbe von Eisblau wich aus den Augen des letzten, noch stehenden
Soldaten und auch seine weichen Knie gaben nach.
Philipp
hatte das Gefühl sein Herz würde vor Aufregung jeden Moment in
seiner Brust zerspringen, er wischte sich über den Mundwinkel und
hielt sich noch immer die schmerzende Stelle an seinem Bauch.
Xiis
Körper erzitterte und sie blinzelte einige Male bevor sie wieder auf
die Beine kam.
„Los!
Wir müssen hier weg! Vielleicht hat Lilly sich alleine befreien
können. Wir müssen sie finden!“
Vor
dem Zelt wurde Gemurmel laut und sie konnten hören das ein Mann
durch das Lager brüllte dass das Zelt des Kommandanten leer war. Die
Fuchsdame winkte Philipp zu sich heran und zog eine der Verankerungen
aus dem Boden damit sie darunter hindurch ins Freie gelangen konnten.
Eine
gute Entscheidung wie sich rasch heraus stellte.
Hinter
dem Zelt stolperten sie über vier Soldaten die schnarchend am Boden
lagen, jemand musste sie ausgeschaltet haben, aber lange würden sie
wohl nicht mehr brauchen um wieder zu sich zu kommen. Hinter ihnen
wurde das Lager immer lebendiger, Fackeln wurden entzündet und
überall wurden Befehle gerufen.
So
schnell sie konnten huschten die beiden durch die Dunkelheit der
Wälder, wobei es bei Philipp mehr ein Stolpern war. Das Mondlicht
beschien gerade so den Weg vor ihm, aber etliche Wurzeln und Steine
machten ihm das Leben noch schwerer als es sowieso schon war.
Die
Gedanken in Xiis Kopf überschlugen sich, wo konnte Lilly sein? Was
hatte man ihr angetan? Am liebsten hätte sie das ganze Lager zu
Asche verbrannt, aber sie war an ihren Eid gebunden den sie Lilly vor
vielen, vielen Jahren gegeben hatte.
Keinen
Menschen mehr zu töten, hatte er es aus ihrer Sicht auch noch so
sehr verdient.
Zu
aller erst mussten sie genug Distanz zu dem Lager aufbauen, dass
wieder jemand gefangen genommen wurde konnten sie sich nicht leisten.
Egal wohin Lilly gegangen war, oder wohin man sie gebracht hatte, Xii
würde sie finden.
Sie
rannten lange. Viel zu lange für Philipps Geschmack.
In
der Dunkelheit vor ihr nahm Xii eine Bewegung wahr, fast vollständig
verborgen in der Silhouette eines Baumes, irgendetwas hatte für nur
einen Wimpernschlag das Licht des Mondes reflektiert und sich
verraten.
Xii
rollte sich seitlich über den Boden und ließ das blaue Feuer um
ihre Hand noch in der selben Sekunde entflammen, ein Ruf donnerte
durch die Nacht, dunkel und unbekannt war die Stimme.
Sie
hatte den blauen Feuerball auf den Angreifer geworfen bevor sie seine
Gestalt erkennen konnte, dass Xii ihren Eid nun brechen könnte, kam
ihr nicht in den Sinn, Zeit zum nachdenken hatte sie nicht.
Philipp,
der nicht mit Xii hatte Schritt halten können, kam mit den
Ereignissen die einige Meter vor ihm geschahen, kaum mit.
Die
Finsternis wurde von einem blauen Licht zerrissen und er erkannte Xii
die über den Boden rollte, und eine schwarze Gestalt die irgendwas
brüllte. Bevor sein Gehirn auch nur den Befehl an seine Füße geben
konnte, stehen zu bleiben, flog der Feuerball und das Surren von
Stahl auf Stahl hallte durch den dichten Wald.
Hatte
er das Geräusch nicht schon einmal irgendwo gehört?
In
tausend Funken stob das Feuer auseinander und ließ den Stahl rot
aufglühen, Xii entfachte in ihrer Hand bereits erneut Flammen und
machte sich auf einen Angriff gefasst, doch soweit sollte es nicht
mehr kommen.
Bevor
Xii noch irgendetwas tun konnte traf sie ein Schlag ins Gesicht und
ließ Sterne vor ihrem Blickfeld tanzen. Taumelnd fiel sie rücklings
zu Boden und stöhnte vor Schmerz auf.
„Vergebt
mir, aber ich bevorzuge irgendwann einen schnellen Tod zu sterben,
statt mir die Qualen eines Zauberfeuers aufzuerlegen, das wie ich
hörte einem langsam das Fleisch von den Knochen brennt.
Haltet
mich bitte nicht für einen Rüpel, für gewöhnlich schlage ich
keine Frauen, außer sie lassen mir keine andere Wahl und hören mir
einfach nicht zu. Und das wo man selbiges für gewöhnlich uns
Männern vorwirft.“
Lichtfunken
vernebelten Xii noch immer das Blickfeld, sie konnte den Fremden
nicht erkennen, das amüsierte in seinen Worten entging ihr
allerdings nicht, was ihren Zorn nur noch weiter aufbrodeln ließ.
„Ich
werde dich...“ Bevor Xii ihre Drohung aussprechen konnte, rief
jemand Vertrautes ihren Namen. Laub raschelte leise, neben ihr ging
jemand auf die Knie und legte eine warme Hand auf ihre Stirn. Xii
schloss die Augen vor Erleichterung.
„Lilly...“
Die
Ellydre lächelte glücklich über das ganze Gesicht.
„Schon
so oft habe ich dir gesagt das du zu aufbrausend bist! Du musst
zuhören!“
Mit
einem Ruck drehte sie sich zu dem Fremden um und nickte ihm zu.
„Mervan,
könntet Ihr nun bitte die Laterne entzünden? Ohne meine Kräfte
kann ich im dunkeln nichts sehen.“
Ohne
zu zögern kramte der Schattenelf eine kleine Laterne aus seinem
Rucksack hervor und entzündete sie mit Feuerstein und Zunder. Als
das kleine Licht entfacht war, gewann auch Philipp endlich seine
Orientierung wieder und schlurfte auf das Trio zu, mittlerweile bekam
er wieder Luft, war aber nichtsdestotrotz nach einem Tag ohne Essen
und Trinken völlig am Ende seiner Kraft. Dennoch lag auf seinen
Lippen ein erleichtertes Lächeln als er Lilly wohlauf neben dem
Schattenelfen erblickte.
„Philipp!
Dir geht es gut! In dem Lager habe ich deine Stimme gehört!“
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