Fachidiot 4. Kapitel Teil 4

Verflucht, was hat das zu bedeuten?“
Philipp suchte hektisch das Zelt ab, doch von Lilly war weit und breit nichts zu sehen. Es war verlassen. Nur eine kleine Pritsche stand in einer Ecke, unter der ihn etwas anfunkelte.
Der Nerd ging in die Hocke und zog eine stämmige Kette hervor, die ganz offensichtlich dafür gedient hatte jemanden an diesem Ort gefangen zu halten, denn das zweite Ende war tief im Boden verankert.
Hinter ihm stieß Xii einen leisen Fluch aus, sie hätte ahnen können das auf die Aussagen dieses Menschen kein Verlass war.
Ihre Ohren zuckten ehe sie zu dem Zelteingang herumwirbelte, im nächsten Augenblick wurde die Plane zur Seite gestoßen und eine handvoll Schwertspitzen deuteten auf ihr Gesicht.
Wisst ihr nun wieso ich euch die Köpfe hätte abschlagen sollen, als ihr diese verfluchte Janama habt entkommen lassen? Ich wusste sie würde wieder kommen!“
Kommandant Brocklers Stimme donnerte hinter den bewaffneten Soldaten durch die Luft bevor er mit einer Fackel in der einen Hand, und einem Kurzschwert in der anderen das Zelt betrat und sich in die erste Reihe durch schob.
Eine falsche Bewegung und ich schwöre dir, diese Schwerter werden dich durchbohren bevor du auch nur einen Finger rühren kannst! Du Hexe!“
Brocklers Blick huschte hektisch durch das Innere des Zeltes, seine Zähne blitzen auf als er die Oberlippe hoch zog und wütend knurrte.
Wo ist sie?! Verdammt noch eins!“
Xii wich einen Schritt zurück als der Kommandant seine Schwertspitze hob und direkt zwischen ihre Augen zielte. Kleine Speicheltropfen regneten umher als er vor Wut die Eindringlinge anbrüllte.
Und was zum Henker habt ihr mit meinen Soldaten gemacht!?“
Auf Xiis Gesicht spiegelte sich für einen kurzen Augenblick Überraschung wieder, schnell aber wich es einem dunklen Grinsen, noch immer glimmte ein schwaches blaues Licht um ihre erhobene Hand.
Das werde ich euch mit Sicherheit nicht verraten.“
Kaum hatte die letzte Silbe ihre Lippen verlassen duckte sie sich blitzschnell unter seinem Schwert hindurch und stieß ihre Hand mit dem magischen Licht nach vorn, sie war Brockler so nah das ihre Finger fast seinen Brustpanzer berührten.
Eine Druckwelle aus blauem Feuer breitete sich aus, fegte den Kommandanten nach hinten, und riss einige seiner Männer mit zu Boden. Die Wände des Zeltes schwankten so sehr das Philipp befürchtete es würde gleich über ihnen einstürzen.
Die Benommenheit der Soldaten dauerte nur wenige Sekunden, genug das Xii ihre beiden Hände in das blaue Feuer hüllen konnte.
Kommt her und ich brenne euch das Fleisch von den Knochen!“
Unsicher kamen die Männer ins stocken, es war ihnen anzusehen welche Angst ihnen die Magie bereitete, viele wichen ein Stück zurück doch Brockler, der sich endlich wieder aufgerappelt hatte schob sie energisch nach vorn und brüllte über ihre Köpfe hinweg.
Tötet diese Hexe oder ich schwöre euch, ich werde euch schlimmeres antun als sie!“
Unter einem Kampfschrei, der ihnen Mut verleihen sollte, stoben die Männer nach vorn und attackierten Xii.
Leise fluchend wich sie den Schwertern aus, Philipp spürte das sie irgendwas zu hemmen schien, das sie ihre Drohung gerne in die Tat umsetzen wollte, es aber nicht konnte.
Der geringe Platz in dem Zelt trieb sie schnell in die Enge, doch noch war es niemandem gelungen ihr bedrohlich nahe zu kommen. Als Xii die Plane an ihrer Schwanzspitze spürte stieß sie einen Schrei aus und zeigte ihre spitzen Eckzähne. Die Soldaten hielten inne vor Schreck, sie rechneten jeden Moment damit das die Magie der Hexe sie traf. Lange mussten die Männer nicht warten.
Xii nutzte die Gelegenheit aus und machte eine schnelle Bewegung nach vorn, ihre Fingerspitzen berührten nur für Sekunden die Klingen ihrer Gegner. Bevor sie wussten wie ihnen geschah, glühten ihre Waffen auf und sie ließen sie unter Schmerzensschreien fallen. Noch einen weiteren Soldaten konnte sie so außer Gefecht setzen bevor die Restlichen ihre Absicht durchschauten. Einer der Krieger, der sich seine schmerzende Hand hielt, trat mit seinem Stiefel nach ihr und erwischte sie beim Ausweichen noch an ihrem Knie. Xii knickte ein und konnte einer herannahenden Attacke nicht mehr ausweichen. Blut floss an ihrem Arm hinab und tropfte zäh zu Boden. Zischend wich sie zurück bis die Zeltwand hinter ihr sie ausbremste. Die Klinge hatte ihren Arm nur gestreift, aber einen tiefen Schnitt im Fleisch hinterlassen.
Feste biss sie sich auf die Unterlippe, sie wusste, wenn sie überleben wollte, musste sie ihr Versprechen brechen. Zwischen den Männern hindurch sah sie das breite und gehässige Grinsen des Kommandanten, der noch keinen Finger gerührt hatte. Ihr war klar wieso, er fürchtete sich vor ihrer Magie.
Niemand hatte auch nur einen Augenblick auf Philipp geachtet der wie eine Salzsäule erstarrt noch immer am Boden kauerte. Seine Gedanken überschlugen sich, in den Computerspielen mit denen er seinen Alltag vertrödelte, hatte er unzählige Helden gespielt, Krieger, Magier, welche die schrecklichsten Kreaturen erschlagen hatten. Nun kroch er wie eine feige Made hier im Dreck herum während jemand anders in Not war.
Sein Blick richtete sich auf das Schwert das vor ihm auf dem Boden lag. Er zählte durch, neben dem Kommandanten befanden sich sieben Soldaten in dem kleinen Zelt, alle fixierten sich auf Xii.
Philipp nahm all seinen Mut zusammen und schnappte sich den Griff des Schwertes, es war weitaus schwerer als er es vermutet hatte.
Versagen stand außer Frage, Xii war in Gefahr, und wer wusste schon was mit Lilly geschehen war, vielleicht brauchte sie Hilfe. All seine Kraft zusammen nehmend machte er zwei große Schritte und befand sich hinter dem stämmigen Rücken von Brockler.
Halt! Oder euer Kommandant braucht einen neuen Kopf!“
Nicht nur Brockler riss erschrocken die Augen auf, auch die Soldaten wandten sich erstaunt herum, selbst Xii suchte den Blickkontakt und konnte kaum glauben was sie sah.
Philipp hielt das Schwert vor Brockler mit beiden Händen hoch, nur wenige Millimeter von seiner Kehle entfernt. Der Erdenbewohner war einen halben Kopf größer, war jedoch kaum hinter dem breiten Kreuz des Kommandanten zu erkennen.
Mit aller Mühe verhinderte er das seine Arme vor Anstrengung zitterten.
Geht weg von ihr! Sofort!“
Keiner rührte sich, bis Brockler seine Fassung wieder fand und vor Wut rot anlief, wegen diesem schmächtigen Kerl mit der Statur eines Weibes verlor er vor seinen Männer das Gesicht. Nein, nicht ein Kommandant Gustav Brockler.
Mit Wucht rammte er dem Jungen seinen Ellenbogen in die Magengrube, sofort fiel das Schwert vor ihm zu Boden.
Würgend und keuchend vor Schmerzen stolperte Philipp einen großen Schritt zurück, er schmeckte bittere Galle, sein Verstand war ganz benebelt.
Du kleine Made! Ich werde dich...“,hinter ihm brach plötzlich die Hölle los.
Soldaten brüllten durcheinander und als Brockler sich zu ihnen herum drehte, lagen bereits zwei seiner Männer am Boden.
Xii saß regungslos da und blickte starr geradeaus, er konnte nicht sagen ob ihre Augen die Farbe von Weiß angenommen hatten, oder ob sie so weit nach hinten gedreht waren das von ihrer Iris nichts mehr zu sehen war.
Ein anderes Detail aber verstörte ihn am meisten, einer seiner Soldaten schlug einen weiteren nieder, zögerte nicht lange und griff direkt den nächsten an. Einer nach dem anderen ging ohnmächtig zu Boden, so hart und präzise waren seine Faustschläge.
Seine Kumpanen wussten gar nicht wie ihnen geschah, da lag auch der letzte am Boden. Nun war Brockler an der Reihe.
In den Augen seines Untergeordneten sah er nicht die gewohnte Farbe, sondern das helle Eisblau wie er es zuvor in den Augen der Hexe gesehen hatte.
Du Bestie! Ich werde deinem Treiben ein Ende machen!“
Der Kommandant machte einen Satz nach vorn und hob eines, der am Boden liegenden, Schwerter auf. Doch noch bevor er es gegen seinen eigenen Soldaten schwingen konnte, bekam er einen kräftigen Stoß in den Rücken.
Philipp hatte seine letzten Kräfte mobilisiert und Brockler aus dem Gleichgewicht gebracht. Bevor er sich zur Rache einen Faustschlag einfangen konnte, hatte der Soldat ihn erreicht und schlug ihn nieder.
Das letzte was Brockler wahr nahm, war der Geschmack des Staubes als es sich seine rechte Gesichtshälfte auf dem Boden bequem machte und die Ohnmacht ihn in einen tiefen Schlaf zog.
Die Farbe von Eisblau wich aus den Augen des letzten, noch stehenden Soldaten und auch seine weichen Knie gaben nach.
Philipp hatte das Gefühl sein Herz würde vor Aufregung jeden Moment in seiner Brust zerspringen, er wischte sich über den Mundwinkel und hielt sich noch immer die schmerzende Stelle an seinem Bauch.
Xiis Körper erzitterte und sie blinzelte einige Male bevor sie wieder auf die Beine kam.
Los! Wir müssen hier weg! Vielleicht hat Lilly sich alleine befreien können. Wir müssen sie finden!“
Vor dem Zelt wurde Gemurmel laut und sie konnten hören das ein Mann durch das Lager brüllte dass das Zelt des Kommandanten leer war. Die Fuchsdame winkte Philipp zu sich heran und zog eine der Verankerungen aus dem Boden damit sie darunter hindurch ins Freie gelangen konnten.
Eine gute Entscheidung wie sich rasch heraus stellte.
Hinter dem Zelt stolperten sie über vier Soldaten die schnarchend am Boden lagen, jemand musste sie ausgeschaltet haben, aber lange würden sie wohl nicht mehr brauchen um wieder zu sich zu kommen. Hinter ihnen wurde das Lager immer lebendiger, Fackeln wurden entzündet und überall wurden Befehle gerufen.
So schnell sie konnten huschten die beiden durch die Dunkelheit der Wälder, wobei es bei Philipp mehr ein Stolpern war. Das Mondlicht beschien gerade so den Weg vor ihm, aber etliche Wurzeln und Steine machten ihm das Leben noch schwerer als es sowieso schon war.
Die Gedanken in Xiis Kopf überschlugen sich, wo konnte Lilly sein? Was hatte man ihr angetan? Am liebsten hätte sie das ganze Lager zu Asche verbrannt, aber sie war an ihren Eid gebunden den sie Lilly vor vielen, vielen Jahren gegeben hatte.
Keinen Menschen mehr zu töten, hatte er es aus ihrer Sicht auch noch so sehr verdient.
Zu aller erst mussten sie genug Distanz zu dem Lager aufbauen, dass wieder jemand gefangen genommen wurde konnten sie sich nicht leisten. Egal wohin Lilly gegangen war, oder wohin man sie gebracht hatte, Xii würde sie finden.
Sie rannten lange. Viel zu lange für Philipps Geschmack.
In der Dunkelheit vor ihr nahm Xii eine Bewegung wahr, fast vollständig verborgen in der Silhouette eines Baumes, irgendetwas hatte für nur einen Wimpernschlag das Licht des Mondes reflektiert und sich verraten.
Xii rollte sich seitlich über den Boden und ließ das blaue Feuer um ihre Hand noch in der selben Sekunde entflammen, ein Ruf donnerte durch die Nacht, dunkel und unbekannt war die Stimme.
Sie hatte den blauen Feuerball auf den Angreifer geworfen bevor sie seine Gestalt erkennen konnte, dass Xii ihren Eid nun brechen könnte, kam ihr nicht in den Sinn, Zeit zum nachdenken hatte sie nicht.
Philipp, der nicht mit Xii hatte Schritt halten können, kam mit den Ereignissen die einige Meter vor ihm geschahen, kaum mit.
Die Finsternis wurde von einem blauen Licht zerrissen und er erkannte Xii die über den Boden rollte, und eine schwarze Gestalt die irgendwas brüllte. Bevor sein Gehirn auch nur den Befehl an seine Füße geben konnte, stehen zu bleiben, flog der Feuerball und das Surren von Stahl auf Stahl hallte durch den dichten Wald.
Hatte er das Geräusch nicht schon einmal irgendwo gehört?
In tausend Funken stob das Feuer auseinander und ließ den Stahl rot aufglühen, Xii entfachte in ihrer Hand bereits erneut Flammen und machte sich auf einen Angriff gefasst, doch soweit sollte es nicht mehr kommen.
Bevor Xii noch irgendetwas tun konnte traf sie ein Schlag ins Gesicht und ließ Sterne vor ihrem Blickfeld tanzen. Taumelnd fiel sie rücklings zu Boden und stöhnte vor Schmerz auf.
Vergebt mir, aber ich bevorzuge irgendwann einen schnellen Tod zu sterben, statt mir die Qualen eines Zauberfeuers aufzuerlegen, das wie ich hörte einem langsam das Fleisch von den Knochen brennt.
Haltet mich bitte nicht für einen Rüpel, für gewöhnlich schlage ich keine Frauen, außer sie lassen mir keine andere Wahl und hören mir einfach nicht zu. Und das wo man selbiges für gewöhnlich uns Männern vorwirft.“
Lichtfunken vernebelten Xii noch immer das Blickfeld, sie konnte den Fremden nicht erkennen, das amüsierte in seinen Worten entging ihr allerdings nicht, was ihren Zorn nur noch weiter aufbrodeln ließ.
Ich werde dich...“ Bevor Xii ihre Drohung aussprechen konnte, rief jemand Vertrautes ihren Namen. Laub raschelte leise, neben ihr ging jemand auf die Knie und legte eine warme Hand auf ihre Stirn. Xii schloss die Augen vor Erleichterung.
Lilly...“
Die Ellydre lächelte glücklich über das ganze Gesicht.
Schon so oft habe ich dir gesagt das du zu aufbrausend bist! Du musst zuhören!“
Mit einem Ruck drehte sie sich zu dem Fremden um und nickte ihm zu.
Mervan, könntet Ihr nun bitte die Laterne entzünden? Ohne meine Kräfte kann ich im dunkeln nichts sehen.“
Ohne zu zögern kramte der Schattenelf eine kleine Laterne aus seinem Rucksack hervor und entzündete sie mit Feuerstein und Zunder. Als das kleine Licht entfacht war, gewann auch Philipp endlich seine Orientierung wieder und schlurfte auf das Trio zu, mittlerweile bekam er wieder Luft, war aber nichtsdestotrotz nach einem Tag ohne Essen und Trinken völlig am Ende seiner Kraft. Dennoch lag auf seinen Lippen ein erleichtertes Lächeln als er Lilly wohlauf neben dem Schattenelfen erblickte.
Philipp! Dir geht es gut! In dem Lager habe ich deine Stimme gehört!“

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