Fachidiot 3. Kapitel Teil 3

Gerade als er ein paar spöttische Worte los lassen wollte, verspürte er einen Schmerz an seinem Unterschenkel, als würden sich viele kleine Nadeln in sein Fleisch bohren. Wütend stieß er einen Fluch aus uns blickte an sich hinab. Xii hatte die Gelegenheit genutzt und war unter dem Tisch an ihn heran geschlichen. Feste gruben sich ihre kleinen spitzen Zähne in seine Haut. Auch wenn sie diese schwächliche Gestalt verteufelte an die sie in dieser Welt gebunden war, sie würde alles tun um ihre Freundin zu beschützen.
Ah! Das darf nicht wahr sein!“
Mit seinem freien Fuß trat Lauenstein nach dem kleinen Vieh und erwischte es mit einem harten Tritt, fiepend gab Xii nach und bevor sie sich von dem Schmerz erholen konnte, setzte der Mensch mit einem weiteren Tritt nach. Der kleine Fuchs flog in hohem Bogen an die Wand mit all den Regalen und blieb reglos am Boden liegen!
„Xii! Nein!“
Fassungslos starrte Lilly auf den leblosen Körper ihrer treuen Begleiterin, ihr Herz schien jeden weiteren Schlag zu verweigern. Neben ihr brach plötzlich Tumult aus als Philipp die Chance nutzte und sich auf den Arzt stürzte.
Im wilden Gerangel versuchte jeder die Oberhand zu gewinnen. Philipp bekam beide Handgelenke von Lauenstein zu fassen und drängte ihn an den Tisch wo er die entnommenen Proben von Lilly untersucht hatte. Mit einem schnellen Ruck krachte sein Handgelenk gegen die Tischkante und das Messer fiel ihm aus der Hand.
Nein, von diesem Halbwüchsigen würde er sich nicht überrumpeln lassen! Mit aller Kraft schleuderte er Philipp herum, sodass dieser mit seinem Rücken auf der Tischplatte lag, gerade so kam er noch mit seinen Zehenspitzen auf den Boden. Bevor er zur Gegenwehr ansetzen konnte, umfassten zwei Hände seine Kehle und drückten feste zu.
Keuchend versuchte Philipp erst den Griff um seinen Hals zu lockern, aber sein Feind gab nicht nach. Verzweifelt schlug er nach Lauenstein, und griff nach dessen Gesicht, doch auch dieser Versuch scheiterte.
So sehr er es versuchte, aber er konnte nicht nach Luft schnappen, seine Kräfte ließen langsam nach und schwarze Pünktchen tanzten in seinem Sichtfeld.
Lassen sie ihn los! Aufhören! Ich mache alles was sie wollen, aber tun sie ihm nichts!“
Lillys Worte stießen auf taube Ohren, hilflos musste sie mitansehen wie Philipp um sein Leben kämpfte. Wieder riss sie so fest sie konnte an ihren Fesseln, doch der Kunststoff bohrte sich nur noch mehr in ihre Handgelenke. Ihr Blick fixierte Xii, sie regte sich noch immer nicht. Tränen brannten heiß in ihren Augen und rollten ihre Wangen hinab. Das durfte einfach nicht geschehen, das ihre zwei liebsten Freunde ihr Leben ließen weil sie ihr zu Hilfe gekommen waren.
Zum ersten Mal seit sehr sehr langer Zeit wuchs ein Gefühl in ihr heran das ihr so fremd war wie die Welt außerhalb des Hains in dem sie aufgewachsen war. Wut.
Ihre Finger krallten sich in die Armlehnen des Stuhls und ihre Zähne knirschten, so feste presste sie diese aufeinander. Philipps Körper zitterte und sie merkte das seine Kräfte am Ende waren.
Dieser Fremde hatte sie gequält und was für sie noch viel Schlimmer war, ihren Freunden Schaden zugefügt. Grundlos, und ohne Reue. Immer wieder hatte man sie vor der Grausamkeit der Menschen gewarnt aber sie wollte nicht hören, sie wollte sich ein eigenes Bild machen. Sie hasste diesen Mann dafür das er genau das war, was ihr Volk in jedem Menschen sehen wollte.
Ihre Konzentration fixierte sich auf Lauenstein, alles andere blendete sie Stück für Stück aus. Er sollte aufhören! Aufhören! Aufhören!
Die Luft um Lilly herum begann leicht zu flirren und zu verschwimmen. Für einen kurzen Augenblick erfüllte der Duft von Wäldern den düsteren Kellerraum, und ein leises Surren lag in der Luft. Die Ellydre riss ihre Augen auf und ein ganzer Schwarm Stechmücken, jede fast so groß wie eine Hand, stürzte sich auf Lauenstein.
Die ersten bohrten bereits ihre Mundwerkzeuge in seine Haut und um schwirrten seinen Kopf. Schreiend ließ Lauenstein von seinem Opfer ab und taumelte rücklings während er versuchte nach diesen verfluchten Mücken zu schlagen.
Keuchend rang Philipp nach Luft und brach in lautes Husten aus. Sein Hals Schmerzte und er machte taumelnd ein paar Schritte. Es dauerte einen Augenblick bis er sich wieder gefangen hatte, aber dann zögerte er nicht mehr länger.
Hastig schnappte er sich ein Skalpell von dem Tisch und stürzte auf Lilly zu.
Schockiert sah er zu wie Lauenstein unter Schreien durch das Zimmer stolperte und nach den riesigen Stechmücken schlug.
So schnell er konnte kappte er die Kabelbinder um Lillys Gelenke und musterte sie besorgt.
Was hat er nur mit dir gemacht?!“
Das spielt keine Rolle mehr. Lass uns einfach nach Hause gehen.“
Lilly schenkte ihm ein müdes Lächeln und schloss langsam die Augen. Das Surren verstummte, die Stechmücken taumelten tot zu Boden als hätte das Leben sie mit einem Streich verlassen. Lauenstein blickte die beiden hasserfüllt an, seine Haut war überall mit Golfball großen Schwellungen überseht.
Dafür werdet ihr bezahlen...“
Philipp harkte Lilly bei sich ein, die große Mühe hatte auf den Beinen zu bleiben und richtete das Skalpell gegen den Arzt. Plötzlich bemerkte er eine Regung in den Schatten der Wand direkt hinter seinem Gegner. Eine Gestalt löste sich aus der Dunkelheit, es wirkte fast als würde sie aus dem Schatten hinaus kriechen. Lilly klammerte sich feste an seinen Arm und stieß einen schrillen Schrei aus. Sofort löste sie sich wieder von ihm und schnappte sich Xii, dann packte sie Philipp am Ärmel und zog in hastig zurück bis ihre Rücken die Wand berührten. Völlig perplex blickte er erst zu dem Angsterfüllten Gesicht neben sich, und dann wieder zu der Gestalt in der anderen Ecke des Raumes.
Fell bedeckte fast den gesamten Körper der Kreatur, nur ihr Kopf war grau und hob sich im fahlen Licht fast schon weiß ab. Rote Augen starrten ihn aus leeren, eingefallenen Höhlen an und grüner Geifer tropfte aus seinem Maul. Ein beißender Gestank nach Verwesung breitete sich aus und brachte ihn fast zum würgen.
Seine Gliedmaßen waren schlank und Muskulös, im Gegensatz zu dem buschigen Fell seines Körpers waren dort die Haare bedeutend kürzer. Fast wirkte es auf ihn wie ein Wolf, mit der Mähne eines Löwen, dazu die riesigen, ledrigen Ohren einer Fledermaus.
Ein bedrohliches Knurren erschütterte die eingekehrte Stille, die langen Klauen machten einen gläsernen Laut als es langsam einen Lauf vor den anderen stellte. Lauenstein war für das Wesen nur ein lästiger Störfaktor und stand dazu noch in seinem Weg. Mit einem Schwenker seines Kopfes stieß er ihn wie eine Puppe zur Seite, quer flog er durch den Raum und blieb reglos am Boden liegen.
Noch immer kämpfte Philipp gegen die Übelkeit an, der Geruch wurde immer intensiver und war schier unerträglich, er drückte sich noch fester an die Wand und keuchte leise.
Lilly was um alles in der Welt ist das?“
Ein Wesen der Unterwelt, man nennt sie Faulvaruls. Schreckliche Geschöpfe die den Sümpfen der Verbannten entspringen. Ich... ich weiß nicht was er hier zu suchen hat!“
Rote Augen fixierten die Ellydre und ein dunkles Knurren wirkte wie eine Bestätigung ihrer Worte. Grüner Geifer tropfte unablässig zu Boden und brannte sich an den Stellen wo er aufkam, zischend hinein.
In Lillys Armen zuckte der kleine Körper und Xii murrte leise als sie wieder zu sich kam. Ihre kleine Nase rümpfte sich.
Der Unterkiefer des Faulvaruls zitterte und ließ einen gespenstischen, klappernden Laut entstehen, schon in der nächsten Sekunde schoss das Biest, nach vorn und riss kreischend sein Maul auf.
Philipp stieß Lilly zur Seite und brachte sich in letzter Sekunde mit einem beherzten Sprung in die andere Richtung in Sicherheit. Wahrscheinlich war seine Rettung das die Kreatur mit dem glatten Unterboden zu kämpfen hatte und mehr auf sie zuschlidderte als das sie rennen konnte. Mit einem lauten Krachen donnerte der Varul gegen die Wand und heulte wütend auf.
Feste presste sich Philipp die Hand auf Mund und Nase, vor Schock riss er weit die Augen auf. Dieses Vieh war größer als er es eingeschätzt hatte. Ein langer Schwanz, der lediglich aus Knochen und langen Haaren, die an ihm herab hingen, bestand zuckte erregt umher. Mit diesem Ding musste er fast fünf Meter lang sein.
Noch weniger gefiel ihm das der Varul zu Lilly herum wirbelte und wieder diesen klapprigen Laut mit seinem Unterkiefer erzeugte.
Niemals in seinem Leben war Philipp tapfer gewesen, von den Unzähligen Abenteuern an seinem Bildschirm abgesehen, und es gab nie einen Augenblick an dem er so viel Furcht verspürt hatte wie jetzt, aber er würde nicht einfach weg laufen und Lilly hier ihrem Schicksal überlassen.
Der Verwesungsgeruch trieb ihm die Tränen in die Augen, aber er erkannte das die Kreatur zum Sprung ansetzte und seine Freundin starr vor Schreck auf dem Boden lag. Noch während er sich auf die Beine kämpfte machte er einen Satz nach vorn und stieß das Skalpell mit aller Kraft in die Flanke des Biestes.
Es stieß einen markerschütternden Schrei aus und sein Schwanz schnellte wie eine Peitsche durch die Luft. Sie verfehlte Philipp nur knapp der sich auf allen Vieren so schnell wie möglich von ihm weg kämpfte.
Rotes Blut floss aus der Wunde, aber Zeit zum Staunen blieb ihm nicht, denn nun stand er im Visier.
Diesmal zögerte der Varul nicht und sprintete auf ihn zu, wieder kamen seine Klauen auf dem glatten Untergrund ins Schliddern.
Philipp schaffte es gerade noch unter den Tisch als scharfe Reißzähne hinter ihm zuschnappten. Seine Gedanken überschlugen sich, er wusste nicht was er tun sollte. Der massive Holztisch auf dem Lichtenstein seine Experimente durchgeführt hatte, knackte an allen Enden als der Faulvarul beide Vorderläufe auf die Tischplatte stemmte.
Philipp kroch rückwärts bis er gegen eines der Stuhlbeine kam. Die vorderen Beiden brachen unter der Last der Bestie weg, so blieb für ihn nur ein schmales Stück Platz, und Zeit zum beten das der Rest der Tischplatte nicht auch nachgeben würde.
Es erleichterte ihn das diese Kreatur nicht verstand das sie ihn von der Seite ohne Probleme erwischen konnte, doch die Erleichterung hielt nicht lange an. Er hörte wie sich Zähne immer wieder in das Holz gruben und der ätzende Speichel kleine Mulden hinein brannte.
Wie ein Kaninchen saß er in der Falle, und der Wolf leckte sich schon die Zähne vor Freude über sein köstliches Mahl.
Xii erwachte wieder völlig als sie samt ihrer Freundin über den Boden gerollt war.
Was ist denn los? Dieser Gestank ist ja...“
Der kleine Fuchs paralysierte als er das Wesen aus der Unterwelt, hier auf diesem fremden Planeten erblickte. Hastig befreite Xii sich aus Lillys Armen und machte einen Buckel. Wie sehr sie diese Gestalt verabscheute, wie sollte sie so kämpfen, oder die, die ihr wichtig war beschützen?
Lasst uns verschwinden! Solange dieses Biest noch beschäftigt ist!“
Sie machte einen Satz nach vorn als sie bemerkte das keine Reaktion auf ihre Worte folgte. Wütend drehte sie sich herum.
Kommt!“
„Nein!“
Geschockt starrte Xii in die zornigen Augen von Lilly, die sich mühsam aufrichtete und mit einem Finger in die Richtung des Kampfes deutete. Lange würde der Tisch nicht mehr stand halten.
Ich lasse ihn doch hier nicht sterben! Und auch du bist nicht jemand der so etwas tun würde!“
Zitternd kämpfte Lilly gegen die Erschöpfung an und schloss die Augen. All ihre Willensstärke konzentrierte sie auf den Boden unter sich, auf das feuchte Erdreich, weit unter dem kalten Stein.
Xii knurrte wütend über den Dickkopf ihrer Freundin, wegen ihr würden sie noch alle hier unten sterben.
Philipp schrie auf als die Tischplatte unter hunderten von Splittern zerbarst und grüner Speichel dicht neben ihm zu Boden fiel. Nun hatte er ohnehin keine Wahl mehr und er rollte sich zur Seite, nur einen Wimpernschlag später war der Tisch hinüber und krachte zusammen.
Die Bestie fixierte ihre Beute und klapperte mit ihrem Unterkiefer, ein Laut der das Blut des Menschen gefrieren ließ. Sehnen und Muskeln spannten sich an als sich der Faulvarul mit einem Sprung auf seine Beute stürzte.
Die Zeit blieb für ihn stehen als rasiermesserscharfe Klauen auf ihn nieder gingen und er in den schwarzen Schlund blickte der ihn gleich zerreißen würde.
Plötzlich schossen um ihn herum dicke Wurzeln aus dem Stein empor und ließen kleine Erdklumpen auf ihn nieder regnen. Sie schlangen sich um den gesamten Leib der Bestie, die wieder voller Zorn aufbrüllte und versuchte sich zu befreien.
Aber die Wurzeln zogen ihren Griff immer fester, und Philipp kroch so schnell er nur konnte unter dem Faulvarul weg. Es sah so aus als wäre er mitten im Sprung eingefroren, würde sein langer Schwanz nicht durch die Luft peitschen.
Mit aller Kraft versuchte es sich zu befreien, aber es gelang dem Biest der Unterwelt nicht. Erste Knochen knackten und brachen, die Schreie wurden immer schriller, Blut mischte sich zu dem giftigen Speichel der immerzu aus seinem Mund sickerte.
Plötzlich erschlaffte der riesige Körper, und eine Ruhe senkte sich über diesen Ort die, nach all der Verwüstung und dem Kampf ums Überleben, fehl am Platz wirkte.
Philipp hatte das Gefühl das Herz würde ihm gleich in der Brust zerspringen, so heftig schlug es. Nur schwer schaffte er es auf zu stehen, seine Knie schlotterten wie kahle Äste im Sturm. Ein leises Stöhnen vernahm er hinter sich und als er sich herum drehte entdeckte er dort Lilly, deren Haut schon fast transparent geworden war.
Kraftlos sackte sie zusammen und rang nach Luft, Schweiß strömte an ihrem Gesicht hinab. Xii eilte zu ihr und zuckte aufgeregt mit ihrem Schwanz.
Lilly! Steht auf! Wir müssen sofort raus hier! Du da! Hilf ihr!“
Philipp zögerte nicht länger und legte einen Arm stützend um die junge Frau.
Warst du das etwa? Das war... unglaublich. Ich wusste gar nicht das du so was auch kannst!?“

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